Geometrische Produktspezifikation GPS

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TEQ Training und ConsultingGeometrische Produktspezifikation GPS Die allgemeine GPS-Norm zur Beschreibung und Tolerierung vonLängenmaßen - DIN EN ISO 14405-1Dr.-Ing. Gunter Effenberger,TEQ Training & Consulting GmbHVorbemerkungIn den letzten beiden Ausgaben der PIQ (Ausgabe 01/2012 und 02/2012) wurden in dieser Artikelreihe bereits Beiträgeüber wesentliche, zur Geometriebeschreibung erforderliche Normen des GPS-Konzeptes veröffentlicht. Bisher erschienen sind: Geometrische Produktspezifikation GPS - eine unvollständige Bestandsaufnahme (PIQ 01/2012) Geometrische Produktspezifikation GPS - Die GPS-Grundnorm DIN EN ISO 8015 (PIQ 02/2012)Mit diesem Artikel soll die allgemeine Norm zur Beschreibung und Tolerierung von Längenmaßen DIN EN ISO 144051:2010 vorgestellt werden. Es ist nicht Absicht, alle Inhalte dieser Norm anzusprechen, sondern nur diejenigen Aspektehervorzuheben, die aus Sicht des Autors eine besondere Bedeutung für die Erstellung von Spezifikationen, insbesondere Zeichnungen, und deren Interpretation haben.Die Stellung der DIN EN ISO 14405-1 im GPS-KonzeptHierarchisch unterhalb der bereits vorgestellten GrundnormDIN EN ISO 8015 eingegliedert stellt die DIN EN ISO 14405-1den Hauptvertreter für die Beschreibung und Tolerierung vonMaßen dar. In dieser Norm werden der StandardSpezifikationsoperator - die Standard-Zeichnungsangabe also für das Maß festgelegt und Möglichkeiten angegeben, diesenStandard-Spezifikationsoperator abzuwandeln. Auf die in dieserNorm festgelegte Art und Weise der Maßdefinition greifen alleweiteren Normen zu, wie aus den nachstehenden Übersichtenhervorgeht.Bemerkenswert ist die Aktualität der maßbezogenen Normen.Die letzten Änderungsstände derjenigen Normen, die keineAllgemeintoleranzen für bestimmte Herstellprozesse bereitstellen, liegen nicht länger als 3 Jahre zurück.50PIQ 2/2012

EXTREMLängenmaße als (Größen-)MaßelementeObwohl im Titel von DIN EN ISO 14405-1 auf das Längenmaß verwiesen wird,wird in der Norm selbst vom Maßelement oder Größenmaßelement gesprochen. Das entspricht dem Sprachgebrauch der Geometrietolerierung von Formund Lage, wo das Geometrieelement seit langem eingeführt ist.Maßelemente sind an geometrischen Körpern definiert:KugelQuaderZylinderDurchmessermaß DDurchmessermaß SØLängenmaß(Abstand der parallelen Stirnflächen) L3 Längenmaße (Abstandparallel liegender Ebenen)L1, L2 und L3Der Quader wird im Fall einesrechteckigen Flachteiles zumRechteck. Maßelemente sind indiesem Sonderfall 2 Paare paralleler Geraden, z. B. L1 und L3.Das Maß eines Maßelements beschreibt dessen Dimension als kleinstenAbstand gegenüberliegender Punkte des abweichungsfreien, theoretischenKörpers. Nicht zu Maßelementen gehören daher Abstände paralleler, aberzueinander versetzt liegender Geraden oder Ebenen („Stufenmaße“), Abständevon Achsen oder Mittelebenen zueinander oder zu Flächen sowie Maße anBogenstücken, die mit Radien bemaßt sind. Mit diesen Kategorien von Maßensetzt sich die DIN EN ISO 14405-2 auseinander, die den Titel „DimensionelleTolerierung – Andere als lineare Maße“ trägt, aber eigentlich mit „Andere Maßeals Maßelemente“ bezeichnet werden müsste. Auf diesen Sachverhalt wird inder nächsten Ausgabe der PIQ näher eingegangen. genau, robustund zuverlässigFür die hier behandelten Maßelemente Zylinder, Kugel, Parallelebenenpaarsind nunmehr Maßmerkmale definiert, wobei zwischen globalen und lokalenMaßen, ermittelt am realgeometrischen abweichungsbehafteten Bauteil, unterschieden wird.Messsysteme von Magnescale bietenhöchste Auflösung, Genauigkeit undLanglebigkeit, auch unter härtestenBedingungen. Unser Programm umfasst:Globales MaßEin globales Maß ist ein Maßmerkmal, das ein eindeutiges Ergebnis derAuswertung entlang eines Maßelements und/oder um ein Maßelement(Zylinder, Kugel) herum besitzt. Diese Merkmale werden beim Messenerzeugt, indem die die Maße beeinflussenden Form- oder Lageabweichungeneliminiert werden. Die Kriterien der Elimination sind wie folgt festgesetzt:Maß nach der Methode der kleinsten QuadrateMaß des zugeordneten Geometrieelements, das aus dem (den) erfassten Geometrieelement(en) durch vollständigen Ausgleich nach derMethode der kleinsten Quadrate nach Gauß ermittelt wird.QAbsolute Längen- und Winkelmesssystemebis 10 nm Auflösung, für CNC MaschinenQLängenmesssysteme und Anzeigen, bis 30 mMesslänge für manuelle WerkzeugmaschinenQInkrementelle Messtaster, Anzeigen undInterfacemodule für die QualitätskontrolleBesuchen Sie uns!Control 2013, StuttgartStand 1 / 15 16Jetzt weitereInformationen anfordern!Messtechnische Realisierung:3D-Messverfahren mit numerischer Berechnung diesesMaßelementes.Magnescale Europe GmbHTel. cale.com

TEQ Training und ConsultingGrößtes einbeschriebenes MaßZweipunktmaßMaß des zugeordneten Geometrieelements,das aus dem (den) erfassten Geometrieelement(en) durch das Kriterium des größten einbeschriebenen Elements ermittelt wird.örtliches Längenmaß, festgelegt als der Abstand zwischen zwei einander gegenüberliegenden Punkten auf einem MaßelementAngewendet auf innere Geometrieelementewurde dieses Maß in Vorgängernormen alsPaarungsmaß für Bohrungen/Nuten bezeichnet.Messtechnische Realisierung:alle klassischen mechanischen, pneumatischenoder optischen ZweipunktmessverfahrenMesstechnische Realisierung:3D-Messverfahren mit numerischer Berechnung dieses Maßelementes oder mechanischeVerkörperung eines zulässigen Grenzwertesdes betreffenden Maßmerkmales (Maßlehre alsDorn)Kleinstes umschriebenes MaßMaß des zugeordneten Geometrieelements,das aus dem (den) erfassten Geometrieelement(en) durch das Kriterium des kleinstenumschriebenen Elements ermittelt wird.Angewendet auf äußere Geometrieelementewurde dieses Maß in früheren Normen alsPaarungsmaß für Wellen/Federn bezeichnet.Messtechnische Realisierung:3D-Messverfahren mit numerischer Berechnung dieses Maßelementes oder mechanischeVerkörperung eines zulässigen Grenzwertesdes betreffenden Maßmerkmales (Maßlehre alsHülse)Die im Rundrahmen gesetzten Modifikationssymbolekönnen den Maßangaben auf den technischen Zeichnungen zugeordnet werden. Unter Nutzung dieserModifikationssymbole wird der Standardspezifikationsoperator abgewandelt resp. modifiziert.Das Zweipunktmaß ist der GPS - Standardspezifikationsoperator für Maßelemente, d. h. Maßangaben ohneModifikationssymbole sind immer als örtliche Zweipunktmaße festgelegt. Das Modifikationssymbolmuss daher nur dann verwendet werden, wenn von diesem Standard abgewichen wird und ein Grenzmaß einesToleranzintervalls als Zweipunktmaß zu kennzeichnenist.Um auch mit der Messmethode der Zweipunktmessungeine quasi globale Bewertung eines Maßelementes vornehmen zu können, legt die Norm Definitionen fürsogenannte indirekte globale Maße fest. Das könnenberechnete Maße oder unter statistischen Gesichtspunkten berechnete Kennwerte von Zweipunktmaßstichproben eines Maßelements sein, die als Rangordnungsmaße bezeichnet werden. Berechnete Maßesind Durchmesser, die aus einer Flächeninhaltsmessungeiner Kreisfläche, einer Messung der Umfangslinie einesKreises und aus der Volumenbestimmung eines Zylinders zurückgerechnet werden. Die anzuwendendenModifikationssymbole sind der Norm zu entnehmen.Rangordnungsmaße werden durch mathematischeOperationen aus einer Menge von örtlichen Maßenberechnet, die entlang eines Maßelementes oder um einsolches herum ermittelt worden sind. Die Rangordnungsmaße ermöglichen es, mit dem relativ einfachen Messverfahren der Zweipunktmessung eine globale Bewertung eines Maßelementes vorzunehmen.Eingeführt sindgrößtes Maßkleinstes MaßÖrtliches oder lokales Maßmittleres Maß (Arithmetischer Mittelwert)Ein örtliches oder lokales Maß ist ein Maßmerkmal, dasdefinitionsgemäß kein eindeutiges Ergebnis der Auswertung entlang eines Maßelements und/oder um ein Maßelement herum besitzt. Diese Merkmale werden beimMessen erzeugt, in dem die die Maße beeinflussendenForm- oder Lageabweichungen nicht eliminiert werden.Das führt bekanntermaßen zur Streuung der örtlichenMaße über die Längenausdehnung des Maßelementes.In DIN EN ISO 14405-1 ist am Zweipunktmaß als örtliches Maß sinnvollerweise festgehalten worden.Median (Zentralwert einer Anzahl von der Größenach sortierten Stichprobenwerten)52PIQ 2/2012Intervallmitte (Mittelwert aus größtem undkleinstem Wert der Stichprobe)Spanne oder Spannweite (Differenz aus größtemund kleinstem Wert der Stichprobe)

TEQ Training und ConsultingNebenbei bemerkt wird damit ein weiteres Anwendungsfeld für die Q-DAS -Produkte, wie z. B. qs-STAT , erschlossen:Die Auswertung von Messreihen, ermittelt an einem Maßelement, und Bereitstellung der laut Spezifikation gefordertenRangordnungsmaße.Maßangaben auf den ProduktspezifikationenAn den bisher üblichen Eintragungen von Maßen und Maßtoleranzen an Maßelementen hat sich nichts geändert, wiedie nachstehende Übersicht zeigt. Wie generell üblich beziehen sich alle folgenden Zahlenbeispiele auf die Maßeinheitmm.GPS-Zeichnungseintragung für das MaßelementBeispiele1Nennmaß GrenzabmaßeN es/ei für Außenmaße,N ES/EI für Innenmaße2Nennmaß mit einer Toleranzkodierung nach ISO 286-1 (Angabe einer Tole50 H9ranzklasse, mit der die Grenzabmaße ES, EI, es, ei indirekt festgelegt sind)Ø 62 k6165 js103Wert des Höchstmaßes (max oder ULS upper limit size)Wert des Mindestmaßes (min oder LLS lower limit size)29,00028,929120,2119,84Nennmaß ohne Klammern und ohne Rechteckrahmen und Bezugnahme auf am Maßmerkmal:10Allgemeintoleranzen im Zeichnungsschriftfeldim Schriftfeld: ISO 2768 - mØ20 00,,12100 0,385,2 max84,8 min20 0, 2Der Zusammenhänge zwischen Nennmaß, Abmaßen und Toleranzintervall sind hinlänglich bekannt und entsprechenden folgenden grafischen Darstellung.Welle 80 40 d10 N-es-ei 40 180ULS max 39,920LLS min 39,820C 39,870T 0,100Abmaße es, ei in µmBohrung 180 40 D10 N ES EI 40 80Zur Darstellung von Nennmaß und Abmaßen sei auf die bekannten Zusammenhängeverwiesen.ULS max 40,180LLS min 40,080C 40,130T 0,100Abmaße ES, EI in µm.Die Toleranz (exakter: das Toleranzintervall) ist definiert alsT ULS – LLS max – min ES-EI es – eiund damit immer ein positiver Wert.Neben diesen bekannten Zusammenhängen muss nun noch die Zuordnung erfolgen, nach welchen Kriterien dieQualitätsprüfung von Maßelementen auszuführen ist. D. h., auf den Produktspezifikationen/Zeichnungen sindInformationen bereitzustellen, ob örtliche, globale oder indirekt globale Maße an einem Maßelement zu erfassen sind.PIQ 2/201253

TEQ Training und ConsultingAAllgemeingültiger GPS-Spezifikationsoperator für Maßelemente(also für Zylinder, Kugeln, parallel liegenden Ebenen oder Geraden)Der GPS-Spezifikationsoperator für Maßangaben ist das Zweipunktmaß.Dazu muss das GPS-System über Bezugnahme auf eine allgemeine Norm aufgerufen (aktiviert) worden sein(s. DIN EN ISO 8015, Grundregel 1, zitiert in PIQ, 2. Ausgabe 2012)Diese Festlegung gilt auch dann, wenn ein Maß mit einer Toleranzklasse aus dem ISO-System für Grenzmaßeund Passungen nach DIN EN ISO 286 verknüpft ist. Auch in dieser Norm ist seit der letzten Fassung 2010das Zweipunktmaß als Standard-Spezifikationsoperator verankert.Wird auf eine Allgemeintoleranznorm im Schriftfeld verwiesen, gilt auch für diese Maße derStandardspezifikationsoperator, also das Zweipunktmaß.ZZeichnungsspezifischer GPS-Spezifikationsoperator für MaßelementeEin zeichnungsspezifischer GPS-Spezifikationsoperator für Maßangaben ist durch den Verweis auf DIN ENISO 14405 im Schriftfeld oder in dessen Nähe ergänzt mit dem auf dieser Zeichnung anzuwendendenModifikationssymbol festzulegen.Wird auf eine Allgemeintoleranznorm im Schriftfeld verwiesen, gilt auch für diese Maße der zeichnungsspezifische Spezifikationsoperator!Unabhängig von A oder Z kann jedes Einzelmaß mit den in DIN EN ISO 14405 zur Verfügung gestellten Modifikationssymbolen verknüpft sein, wie in den folgenden Beispielen aufgezeigt wird.Beispiel 1Anwendung der HüllbedingungDie Hüllbedingung sichert die Austauschbarkeit von Maßelementen Welle-Bohrung resp. Passfeder-Nut, die unterSicherstellung eines Mindestspiels gepaart werden sollen. Die beiden Grenzmaße des Toleranzintervalls sind daherbei WELLEN das kleinste umschriebene Maß für den Vergleichmit dem Maximum-Grenzmaß (ULS) entsprichtdem-Modifikationsoperator das Zweipunktmaßfür den Vergleich mit demMinimum-Grenzmaß (LLS)54PIQ 2/2012bei BOHRUNGEN das größte einbeschriebene Maß für den Vergleichmit dem Minimum-Grenzmaß (LLS) entsprichtdem-Modifikationsoperator das Zweipunktmaßfür den Vergleich mit demMaximum-Grenzmaß (ULS)

TEQ Training und ConsultingAlternativ kann auch hinter die Maßangabe der Modifikator(E envelope Hülle) gesetzt werden.Die Umsetzung auf einer Zeichnung erfolgt dementsprechend so:Für das zulässige Höchstmaß (max.Grenzmaß) erfolgt die Auswertung mitdem kleinsten umschreibbaren Zylinder,für das zulässige Mindestmaß (min.Grenzmaß) mit dem Zweipunktmaß.Für das Maßelement gilt die Hüllbedingung. Diese Angabe ist zur obigenZeichnungsangabe inhaltlich identisch.Beispiel 2Anwendung von RangordnungsmaßenBeispiel 2.1Intervallmitte verknüpft mit der Spannweite von ZweipunktmaßenDie Intervallmitte der SpanneSD ½ (MAX(n) MIN(n))darf das Toleranzintervall 24,9 bis 25,1 nicht überschreiten.Die Spanne SR MAX(n) - MIN(n) darf den Wert 0,02nicht überschreiten.Bedeutung:Die Intervallmitte der Spanne kann im Bereich von 0,2mm von Teil zu Teil schwanken, die Maße an einemBauteil aber nur im Bereich von 0,02 mm. DieSpannweite SR ist damit quasi ein Ersatz für dieZylinderformtoleranz.Nicht erkennbar bei Verwendung von SR:die Wirkung von Dreieckformen im Kreisquerschnitt und Achskrümmungen im Axialschnitt des Zylinders.Im Rahmen der Prüfplanung ist festzulegen, wie viele Messungen n an welchen Stellen des Bauteiles auszuführen sind.Beispiel 2.2Intervallmitte verknüpft mit der Spannweite von ZweipunktmaßenDie Intervallmitte der SpanneSD ½ (MAX(n) MIN(n))darf das Toleranzintervall 24,9 bis 25,1 nicht überschreiten.Die Spa

(s. DIN EN ISO 8015, Grundregel 1, zitiert in PIQ, 2. Ausgabe 2012) Diese Festlegung gilt auch dann, wenn ein Maß mit einer Toleranzklasse aus dem ISO-System für Grenzmaße und Passungen nach DIN EN ISO 286 verknüpft ist. Auch in dieser Norm ist seit der letzten Fassung 2010 das Zweipunktmaß als Standard-Spezifikationsoperator verankert.