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Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungProbeklausurVerwaltungsrecht AT

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungFall 1Das Bundesministerium für Bildung und Forschung vergibt auf Antrag Subventionen fürfeministisch inspirierte Forschungsansätze. Diese kommen besonders förderungswürdigenProjekten der Forschung in Frauenfragen zugute. Eine gesetzliche Grundlage besteht nicht, dochsind im Bundeshaushalt für „Zuwendungen mit dem Ziel der Frauenförderung“ die notwendigenMittel ausgewiesen.Auf Antrag erhält Professorin F von der juristischen Fakultät der Universität U im Oktober 2015 fürihr Studienprojekt zu „Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter in der freienWirtschaft“, das auch die Herausgabe eines Kurzlehrbuches umfassen soll, unter Beachtung dereinschlägigen Vergaberichtlinien eine finanzielle Zuwendung für feministische Forschung in Höhevon 10.000 EUR. Die Mittel muss F innerhalb von zwei Jahren anfordern: DerZuwendungsbescheid enthält einen als „Nebenbestimmung“ ausgewiesenen Zusatz, dass dieMittel innerhalb von sechs Monaten nach dem Anforderungstermin für den bestimmten Zweck zuverwenden seien und F dem Ministerium hierrüber Rechenschaft abzulegen habe.F fordert die Mittel im Dezember 2015 an. Im März 2016 setzt F die Mittel ein, allerdings für dieHerstellung eines „Handbuch des Subventionsrechts“, das, wie F meint, von größerergesamtwirtschaftlicher Bedeutung ist als das Gleichstellungsbuch.2

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungHiervon erfährt das Ministerium im Juni 2016 und teilt der F im Oktober 2016 schriftlich mit, dasses den Zuwendungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufhebe. Zwei Monate spätererhält F außerdem die schriftliche Mitteilung, dass sie den Betrag von 10.500 EUR (10.000 EURzzgl. 5 % Zinsen – der Basiszinssatz beträgt infolge der Finanzkrise 0 % - für ein Jahr aus diesemBetrag) innerhalb einer näher bestimmten Frist an das Ministerium zu erstatten habe. F erhebtgegen beide Anordnungen fristgerecht Klage.Aufgabe: Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?3

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungDie Klage hat Erfolg, soweit sie zulässig und begründet ist.A.I.1.2.§ZulässigkeitEröffnung des VerwaltungsrechtswegsKeine aufdrängende Sonderzuweisung ( )Rückgriff auf die Generalklausel des§40 I 1 VwGOEs muss sich also um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeitnichtverfassungsrechtlicher Art handeln.à Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt nach der modifiziertenSubjektstheorie vor, wenn die streitentscheidende Norm ausschließlicheinen Träger hoheitlicher Gewalt befugt oder verpflichtet. à Es geht hierum die Aufhebung einer finanziellen Zuwendung und die darauf basierendeRückforderung. Diese Maßnahmen richten sich nach§§48, 49, 49aVwVfG. Zur Aufhebung und Rückforderung berechtigt sind ausschließlichTräger öffentlicher Gewalt, sodass es sich um öffentlich-rechtlicheVorschriften handelt.4

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung§ Die Streitigkeit ist mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit nichtverfassungsrechtlicher Art.§ Abdrängende Sonderzuweisungen liegen nicht vor.§ Ergebnis: Der Verwaltungsrechtsweg ist gem.§40 I 1 VwGO eröffnet.II. Statthafte Klageart§ Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren,§88 VwGO.§ Das Geld ist F nicht durch einen zivilrechtlichen Schenkungsvertrag i.S.d. §516 BGB gewährt worden. Vielmehr handelt es sich um einenSubventionsbescheid, der einen verlorenen Zuschuss gewährt. Sowohl dieAufhebung als auch die Rückforderung sind auf die Regelung einesEinzelfalls gerichtet und erfüllen beide die Merkmale eines VA i.S.d.§35 S. 1VwVfG.§ Statthaft ist somit in beiden Fällen die Anfechtungsklage nach§42 I Var. 1VwGO.5

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung(Anmerkung: Hier sind Widerruf und Rückzahlungsaufforderung in zwei äußerlich und zeitlichgetrennte Verwaltungsakte gekleidet. Zwingend ist dieses Vorgehen für die Behörde aber nicht. DieVerwaltung kann auch beide Anordnungen in einem Bescheid verbinden, wobei es sich auch dannum zwei Verwaltungsakte handeln würde.)III. Klagebefugnis§ Es muss die Möglichkeit bestehen, dass F durch die Aufhebung undRückforderung in ihren Rechten verletzt ist.§ Hier ist F zwar Adressatin belastender Verwaltungsakte. Ob allein mit demAdressatengedanken die Klagebefugnis begründet werden kann, erscheintaber zweifelhaft.§ Der Adressatengedanke („Adressatentheorie“) geht davon aus, dass derAdressat eines belastenden VA zumindest in seiner allgemeinenHandlungsfreiheit aus Art. 2 I GG verletzt sein kann. Wird ihm eine zuvorzugesagte staatliche Leistung wieder entzogen, könnte der Rückgriff auf denAdressatengedanken implizieren, dass der Adressat – weil er in Art. 2 I GGbetroffen ist – auch ein Anspruch auf die Leistung gehabt habe.6

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung§ Doch ist durch den Zuwendungsbescheid zwischen F und dem Zuwendendenein Verwaltungsrechtsverhältnis entstanden, das auch subjektive öffentlicheRechte enthält, insbesondere das Recht, die zugewendeten Mittel behalten zudürfen. Der Zuwendungsbescheid ist mittlerweile in Bestandskraft erwachsen.à Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass F durch die Aufhebungdes Bescheids und die Rückforderung in ihrem Recht aus demZuwendungsbescheid, eine finanzielle Förderung in Höhe von 10.000 EUR zuerhalten, verletzt ist. Sie damit klagebefugt.IV. VorverfahrenNach§68 I 2 Nr. 1 VwGO bedarf es keines Vorverfahrens, wenn der VA voneiner obersten Bundesbehörde erlassen worden ist. Das Bundesministerium fürForschung und Entwicklung ist eine oberste Bundesbehörde. Ein Vorverfahren istsomit entbehrlich.7

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungV. KlagefristDie Klagefrist gemäߧ74 I 1 VwGO ist laut Sachverhalt eingehalten.VI. Klagegegner§ Die Klage ist zu richten gegen den Rechtsträger der handelnden Behörde (§78 I Nr. 1 VwGO).§ Richtiger Klagegegner ist damit der Bund.VII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit§ F ist nach§61 Nr. 1 Var. 1 VwGO beteiligtenfähig und gem.§62 I Nr. 1VwGO prozessfähig.§ Der Bund ist nach§61 Nr. 1 Var. 1 VwGO beteiligtenfähig und gem.§62 IIIVwGO prozessfähig, vertreten durch den zuständigen Abteilungsleiter.8

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungVIII. ZwischenergebnisDie Anfechtungsklage ist sowohl gegen die Aufhebung desZuwendungsbescheids als auch gegen die Rückforderung zulässig.B. Objektive Klagehäufung,§44 VwGOBeide Anfechtungsklagen richten sich gegen denselben Beklagten, stehenmiteinander im Zusammenhang und sind vor demselben Gericht zu verfolgen.Somit ist die Objektive Klagehäufung zulässig.C. BegründetheitDie Anfechtungsklagen sind nach§113 I 1 VwGO begründet, soweit dieAufhebung und die Rückforderung rechtswidrig sind und F dadurch in ihrenRechten verletzt ist.9

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungI. Aufhebung des Zuwendungsbescheids1. Ermächtigungsgrundlage des AufhebungsbescheidsOb Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung die Rücknahme nach§48VwVfG oder der Widerruf nach§49 VwVfG ist, hängt davon ab, ob deraufzuhebende VA rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Dabei ist der Zeitpunkt desErlasses des VA entscheidend für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit.a) Rechtmäßigkeit des Zuwendungsbescheids(1) Ermächtigungsgrundlage§ Eine Gesetzesgrundlage, auf die das Bundesministerium den Erlass desZuwendungsbescheids stützen konnte, ist nicht ersichtlich. Dies muss jedoch nichtzwingend zur Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheids führen, wenn eineSituation besteht, in der die Verwaltung für ihr Handeln keiner gesetzlichenGrundlage bedarf.§ Die Vertreter der sog. „Lehre vom Totalvorbehalt“ verlangten früher, dass jedesHandeln der Verwaltung auf einem formellen Gesetz oder einer Verordnung beruhen10musste.

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungØ Dies wurde zum Teil damit begründet, dass das Parlament das einzig unmittelbardemokratisch legitimierte Organ sei und deshalb jegliches staatliches Handeln auf seineEntscheidung zurückführbar sein müsse. Auch wurde darauf abgestellt, dass staatlichesHandeln von vornherein generell und abstrakt festgelegt werden müsse, um einenMissbrauch auszuschließen.§ Diese pauschale Bindung jedweden Verwaltungshandelns an gesetzliche Ermächtigungenwürde allerdings zu einer Übernormierung führen, die das Parlament überfordert. Auchwenn ein solcher Totalvorbehalt den Schutz der Bürger bezweckt, würde er letztendlichdie Möglichkeit, Leistungen zu erhalten, erschweren und die Rechte der Bürger damitverkürzen. Insbesondere bei Notfällen oder in Krisensituationen könnte die Verwaltungnicht mehr schnell und flexibel Leistungen gewähren.§ Mittlerweile wird die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage differenziert betrachtet. DasPrinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung enthält zum einen den Vorbehalt desGesetzes und zum anderen den Vorrang des Gesetzes. Im Bereich des Vorrangs desGesetzes hat die Verwaltung lediglich zu beachten, dass ihr Handeln nicht gegenhöherrangiges Recht verstößt. Im Bereich des Vorbehalt des Gesetzes hingegen kann dieVerwaltung nur handeln, wenn eine gesetzliche Grundlage sie zu dem Handelnermächtigt.11

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung§ Im Grundsatz ist der Vorbehalt des Gesetzes bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum,Erlass und Verordnungen (vgl. § 80 I GG) und sonst wesentlichen Entscheidungenzu beachten.§ Prinzipiell ist es zwar möglich, dass auch eine finanzielle Förderung, die für denEmpfänger allein begünstigenden Charakter hat, sich als Eingriff für Dritte – etwaWettbewerbern – darstellen kann. Dies ist aber nicht ersichtlich. Dennoch muss auchdie Vergabe von Leistungen durch die Verwaltung stets in einem Verfahren erfolgen,dass potenziell jedem Bürger die gleichen Chancen gewährt. Auch ist sicherzustellen,dass insbesondere das Berufen auf eine ständige Übung der leistungsgewährendenBehörden nicht zu staatlichen Zahlungspflichten in einem derartigen Umfang führen,dass sie die staatliche Leistungsfähigkeit überfordert.§ Die Vergabe von (finanziellen) Förderungen ist also nur dann ohne eine gesetzlicheGrundlage zulässig, wenn einerseits die Mittel im Haushaltsplan für den bestimmtenZweck ausgewiesen sind und so von vornherein eine Begrenzung derZahlungspflichten existiert und andererseits Vergaberichtlinien vorhanden sind, dieeine voraussehbare und gleichberechtigende Vergabe ermöglichen.12

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungØ Auf die finanziellen Mittel zur Förderung der feministischen Forschung trifft dies zu. Siesind im Bundeshaushaltsplan ausgewiesen, und Vergaberichtlinien existierenebenfalls. à Die Förderung der F bedurfte damit keiner ausdrücklichen gesetzlichenGrundlage.(2) Formelle RechtmäßigkeitEs liegen keine Anzeichen dafür vor, dass der Zuwendungsbescheid formellrechtswidrig war.(3) Materielle RechtmäßigkeitEs ist davon auszugehen, dass die Vergaberichtlinien eingehalten sind und derZuwendungsbescheid auch nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich.b) ZwischenergebnisDer Zuwendungsbescheid, den F erhalten hat, war zum Zeitpunkt des Erlassesrechtmäßig. Dessen Aufhebung erfolgt damit im Wege des Widerrufs nach§49VwVfG.13

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung2. Formelle Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheidsa) Zuständigkeit§ Für die Bestimmung der Zuständigkeit zum Widerruf gibt es nur punktuelle Regelungen.So entscheidet nach§49 V VwVfG über den Widerruf nach Unanfechtbarkeit des VAdie nach§3 VwVfG zuständige Behörde. Dabei regelt§3 VwVfG aber lediglich dieFrage nach der örtlichen Zuständigkeit.§ Jenseits dieser ausdrücklichen Regelung ist darauf abzustellen, dass auch der Widerrufselbst ein VA ist, für dessen Erlass die allgemeinen Verfahrensregeln gelten. àDeshalb ist für den Widerruf nach dem actus-contrarius-Gedanken die Behördezuständig, die auch schon für den Erlass des Bescheids zuständig war, der widerrufenwerden soll.Ø Die Förderung stammt aus Mitteln des Bundesforschungsministeriums, das selbst fürdie Vergabe und damit auch für den Widerruf zuständig ist.b) Verfahren§ Der Widerruf stellt einen belastenden VA dar, weshalb F nach§28 I VwVfG zuvorangehört werden musste. Dies geschah nicht.14

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungØ Die Anhörung war zwar nicht nach§28 II VwVfG entbehrlich, konnte aber gem.§45 I Nr. 3 VwVfG im weiteren Verfahren nachgeholt werden.c) FormØ Die Form des Aufhebungsbescheides bestimmt sich ebenfalls mit dem actuscontrarius-Gedanken nach der Form des VA, der widerrufen werden soll. Derursprüngliche Zuwendungsbescheid wurde schriftlich erklärt und auch derAufhebungsbescheid erfolgte hier in schriftlicher Form.3.Materielle Rechtmäßigkeit§49 VwVfG trifft für den Widerruf von Verwaltungsakten differenzierende Regelungen. In Abs. 1 ist derWiderruf nicht begünstigender VAe geregelt. Die Abs. 2, 3 enthalten demgegenüber konkrete Gründefür den Widerruf begünstigender VAe. Im Vergleich zur Rücknahme hat der Gesetzgeber beim Widerrufdie Abwägung nicht dem Rechtsanwender überlassen, sondern diese schon im Gesetz abstrakt überdie einzelnen Widerrufsgründe in den Abs. 2, 3 vorgenommen. Die Widerrufsgründe des Abs. 2 geltendabei allgemein für begünstigende VAe. Die Widerrufsgründe des Abs. 3 stellen darüber hinaus eineSpezialregelung für VAe da, die eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistungzur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewähren oder hierfür Voraussetzung sind.15

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungØ Mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc) ist ein Widerruf allerdings nurnach§49 III VwVfG zulässig. Der Zuwendungsbescheid, der widerrufen wurde,gewährt der F eine finanzielle Förderung in Höhe von 10.000 EUR. à DerWiderruf muss damit den Anforderungen des§49 III VwVfG genügen.a) Tatbestandsvoraussetzungen(1) Rechtmäßiger VA i.S.d.§49 III VwVfG ( )(2) Widerrufsgrund(a) Zweckwidrige Mittelverwendung,§49 III 1 Nr. 1 VwVfG§ Die Bewilligung diente der Durchführung eines Studienprojekts zu„Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter in der freienWirtschaft“ und umfasste auch die Herausgabe eines Kurzlehrbuchs.§ Tatsächlich hat F das Geld aber für die Herstellung eines „Handbuchs desSubventionsrechts“ und damit nicht für den bestimmten Zweck verwendet.§ Die Behörde ist daher zum Widerruf berechtigt.16

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung(b) Nichterfüllen einer Auflage,§49 III 1 Nr. 2 VwVfG§ Als Widerrufsgrund kommt außerdem§49 III 1 Nr. 2 VwVfG in Betracht.§ Der Zuwendungsbescheid enthält unter der Bezeichnung „Nebenbestimmung“einen Zusatz, dass die Mittel innerhalb von sechs Monaten nach demAnforderungstermin für den bestimmten Zweck zu verwenden seien und F demMinisterium hierüber Rechenschaft abzulegen habe.§ Zweifelhaft ist jedoch, ob das Gebot, die Mittel zweckgerecht zu verwenden,seinem Inhalt nach Gegenstand der Auflage ist oder nur Inhalt der Zuwendung.Sollte Letzteres der Fall sein, würde sich die Auflage auf die zeitliche Begrenzungder Verwendung (auf sechs Monate) beziehen. Hierfür spricht, dass dieFormulierung der Auflage auf den Zuwendungsbescheid verweist („für denbestimmten Zweck“) und auch das Gesetz von einer Unterscheidung zwischendem Zweck der Zuwendung (Abs. 3 S. 1 Nr. 1) und einer davon gesondertenAuflage (Abs. 3 S. 1 Nr. 2) ausgeht. Ob die Zweckbestimmung selbstAuflagecharakter aufweist, kann hier im Grunde dahin stehen, da die Verwendungfür einen anderen als den bestimmten Zweck notwendigerweise zur Folge hat,dass die Frist von sechs Monaten – Auflagecharakter aufweist – nicht beachtet17worden ist.

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung(Hinweis: Die beiden Widerrufsgründe stehen zueinander nicht in einem Exklusivverhältnis. Wennin der Auflage ebenfalls eine Zweckbestimmung zum Ausdruck kommt, führt die zweckwidrigeMittelverwendung sowohl zum Widerrufsgrunds nach Nr. 1 als auch zu dem nach Nr. 2. DieErwähnung des Zwecks in der Auflage und die erkennbare inhaltliche Bezugnahme legen es nahe,dass auch in der Auflage die Zweckbestimmung ihren Niederschlag findet. Damit besteht auch einWiderrufsgrund nach Abs. 3 S. 1 Nr. 2 (a.A. vertretbar).)(3) Widerrufsfrist§ Gem.§49 III 2 VwVfG NRW gilt auch für den Widerruf rechtmäßigerVerwaltungsakte nach§49 III VwVfG NRW die Jahresfrist des§48 IV 1 VwVfGNRW. à Danach ist der Widerruf nur zulässig, wenn er innerhalb eines Jahresseit Kenntnis der Tatsachen, die zum Widerruf berechtigen, erfolgt.v Die Regelung ist Anknüpfungspunkt dreier unterschiedlicher Streitpunkte: Ob sich derBegriff der Tatsachen auch auf Rechtsanwendungsfehler bei der Bewertung desaufzuhebenden Verwaltungsakts erstreckt, ob es sich bei der Frist um eine Bearbeitungsoder eine Entscheidungsfrist handelt und ob es für Kenntnis im Sinne der Vorschrifterforderlich ist, dass der innerhalb der zuständigen Behörde zur Entscheidung berufeneAmtswalter Kenntnis erlangt hat.18

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungØ Hier kommt es allerdings auf keine dieser Streitigkeiten an. à Im Juni 2016 hat dasMinisterium von der zweckwidrigen Mittelverwendung Kenntnis erlangt und imOktober 2016 hat es dann den Zuwendungsbescheid widerrufen. Dieser erfolgtedamit jedenfalls innerhalb der Jahresfrist der§§49 III 2 i. V. m. 48 IV 1 VwVfGNRW.b)Rechtsfolge§ Der Widerruf nach§49 III 1 Nr. 2 VwVfG steht im Ermessen der Behörde. à Hierwird von der h.M. aber ein sog. „intendiertes Ermessen“ angenommen. Von einem„intendierten Ermessen“ wird gesprochen, wenn einer Rechtsnorm eine (zumeistungeschriebene) Intention für eine bestimmte Rechtsfolge entnommen werden kannund man daher bei Vorliegen des gesetzlichen Tatbestands in der Regel davonausgehen kann, dass die intendierte Rechtsfolge die vom Gesetzgebervorgesehene ist. à Eine Intention hierfür wurde z.B. angenommen für dieGrundsätze sparsamer und wirtschaftlicher Verwendung von Haushaltsmitteln.19

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung§ Jedoch ist auch bei Vorliegen eines Anwendungsfalls des intendierten Ermessensdie Behörde nicht von jeder Prüfung des Einzelfalls frei.§ Hier bestehen aber keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung.Auch die haushaltsrechtlichen Prinzipien wie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeitund Sparsamkeit sprechen regelmäßig für einen Widerruf.§ Der VA konnte nach§49 III VwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufenwerden.4. ErgebnisDer Widerruf ist rechtmäßig.II. Rückforderungsbescheid1. Ermächtigungsgrundlage des RückforderungsbescheidsGrundlage für die Rückforderung ist§49a I VwVfG.20

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung2. Formelle Rechtmäßigkeita) ZuständigkeitFür den Rückforderungsbescheid zuständig ist nach dem actus-contrariusGedanken die Behörde, die auch für die Aufhebung zuständig war. Damit was dasBundesforschungsministerium auch für den Rückforderungsbescheid zuständig.b) VerfahrenEine Anhörung erfolgte zwar nicht, kann aber nach§45 I Nr. 3 VwVfG nachgeholtwerden.c) FormDie Rückforderung hat nach§49a I 2 VwVfG durch einen schriftlichen VA zuerfolgen. Die Rückforderung aus dem Monat Dezember 2016 erfüllt dieseVoraussetzungen.21

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung3. Materielle Rechtmäßigkeita) Tatbestandsvoraussetzungen§ Die Möglichkeit der Rückforderung nach§49a VwVfG steht unter derVoraussetzung, dass ein VA mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen oderaufgehoben worden ist. Dies ist, wie erörtert, geschehen.§ Allerdings stellt sich die Frage, ob die Behörde über den eigentlichenZuwendungsbescheid in Höhe von 10.000 EUR hinaus auch Zinsen von F forderndurfte. Dies bestimmt sich nach§49a II VwVfG, der für den Umfang derRückforderung auf die Regeln des BGB zur Herausgabe einer ungerechtfertigtenBereicherung verweist. à Danach erfasst der Rückforderungsanspruch in ersterLinie den gewährten Subventionsbetrag als die erbrachte Leistung,§49a I, IIVwVfG i.V.m.§818 I, II BGB.§ Nach§49a III 1 VwVfG ist der zu erstattende Betrag vom Eintritt derUnwirksamkeit des VA an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlichzu verzinsen. Der maßgebliche Zeitpunkt ist derjenige, in dem die materiellenRechtsfolgen des Widerrufs eintreten.22

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische Integrationsforschung§ Da dieser hier ex tunc, also mit Wirkung für die Vergangenheit erklärt wordenist, entsteht der Zinsanspruch ab dem Zeitpunkt des Erlasses des widerrufenenVA. Bei einem anzusetzenden Zinssatz von fünf Prozent aus 10.000 EUR fürein Jahr beläuft er sich auf 500 EUR. à Die Zinsforderung besteht also in dergeltend gemachten Höhe.b) RechtsfolgeDie Rückforderung nach§49a I VwVfG stellt eine gebundenen Entscheidung dar.Nur hinsichtlich der Zinsen allerdings räumt§49a IIII VwVfG der Behörde einenErmessensspielraum ein. Ermessensfehler sind aber nicht vorhanden.4. ErgebnisDer Rückforderungsbescheid ist rechtmäßig.23

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungIII. GesamtergebnisDie Klagen sind zulässig, aber unbegründet. Die Klage hat keinen Erfolg.24

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M.Zentrum für Europäische IntegrationsforschungProfessor Dr. iur. Christian Koenig, LL.M. (LSE)Geschäftsführender DirektorZentrum für Europäische IntegrationsforschungRheinische Friedrich-Wilhelms-Universität BonnGenscherallee 353113 BonnTelefon: 49 228 73-1891Fax: 49 228 de/

Professor Dr. Christian Koenig, LL.M. Zentrum für Europäische Integrationsforschung § Die Streitigkeit ist mangels doppelter Verfassungsunmittelbarkeit nicht verfassungsrechtlicher Art. § Abdrängende Sonderzuweisungen liegen nicht vor. § Ergebnis: Der Verwaltungsrechtsweg ist gem.§40 I 1 VwGO eröffnet. II. Statthafte Klageart