INAUGURAL – DISSERTATION - TiHo Hannover

Transcription

Aus dem Institut für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytikder Tierärztlichen Hochschule HannoverUntersuchungen zu typischen Aromastoffen von Heidschnuckenfleischim Vergleich zum Fleisch anderer Schafrassen und zur Wirkung vonnatürlich vorkommenden antioxidativen oder komplexierendenSubstanzen auf den Warmed-over FlavorINAUGURAL – DISSERTATIONzur Erlangung des Grades einesDoktors der Veterinärmedizin(Dr. med. vet.)durch die Tierärztliche Hochschule HannoverVorgelegt vonKlaas Dietzeaus HannoverHannover 2006

Wissenschaftliche Betreuung:Prof. Dr. Waldemar Ternes1. Gutachter:Prof. Dr. Waldemar Ternes2. Gutachter:Prof. Dr. Martin GanterTag der mündlichen Prüfung:07.06.2006Die Arbeit wurde finanziell von der Fritz-Ahrberg-Stiftung, Hannover gefördert

Meiner Familie

IInhaltsverzeichnis1Allgemeine Einleitung und Fragestellung. - 1 -2Schrifttum. - 3 -2.1 Definitionen zur Aromaforschung. - 3 2.2 Physiologische Grundlagen zur organoleptischenWahrnehmung des Flavors . - 4 2.3 Mechanismen der Bildung flüchtiger Aromastoffe beimFleisch. - 5 -2.3.1Fettabbauprodukte . - 5 -2.3.2Thermische Zersetzungsprodukte aus Zuckern undAminosäuren . - 6 -2.3.2.1Maillard-Reaktion . - 6 -2.3.2.2Strecker-Abbau . - 7 -2.4 Die Rolle von Lammfleisch für den Verbraucher. - 9 2.5 Untersuchungen zum Aromaprofil von Lammfleisch. - 10 2.5.1Lammaroma, allgemein . - 10 -2.5.2Einfluss von Rasse und Alter. - 14 -2.5.3Einfluss der Fütterung . - 15 -2.6 Aroma von gebratenem Putenfleisch . - 18 2.7 Warmed-over Flavor . - 20 2.7.1Definition. - 20 -2.7.2Mechanismus der WOF Entstehung. - 20 -2.7.3Objektivierbare Größen und deren Erfassung . - 25 -2.7.4Beeinflussung der Entstehung des WOFs . - 27 -2.7.4.1Fütterung. - 27 -2.7.4.2Technologie. - 28 -2.7.4.3Allgemeines zum Einsatz von Zusätzen. - 29 -2.7.4.4Zusätze aus der vorliegenden Studie. - 31 -2.8 Aspekte der Probenaufarbeitung und Analyse in derAromaforschung beim Fleisch . - 34 -

II32.8.1Angewendete Probenaufarbeitungen . - 34 -2.8.2Probenanalyse über GC / MS. - 35 -Material und Methoden . - 36 3.1 Versuchsziel . - 36 3.1.1Brataroma und Fettsäuremuster. - 36 -3.1.2Warmed-over Flavor. - 36 -3.2 Fleischproben . - 36 3.3 Chemikalien . - 37 3.4 Zusatzstoffe . - 37 3.4.1gekaufte Zusatzstoffe und Zutaten . - 37 -3.4.2Zusätze aus eigener Herstellung . - 38 -3.4.2.1Zwiebelextrakt (hergestellt aus gefriergetrocknetenZwiebeln) . - 38 -3.4.2.2Eigelbgranula . - 38 -3.5 Apparaturen zur Probenaufarbeitung. - 38 3.5.1Brataroma. - 38 -3.5.2Bestimmung des Fettsäuremusters . - 41 -3.5.3Warmed-over Flavor. - 41 -3.6 Probenaufarbeitung . - 43 3.6.1Vorbereitung der Tenax-Sorptionsstrecke . - 43 -3.6.2Brataroma. - 43 -3.6.3Bestimmung des Fettsäuremusters (nach TiHo-CAMethodenanweisung M-010-00.CA) . - 44 -3.6.4Warmed-over Flavor. - 45 -3.6.5Elution und Einengung . - 47 -3.7 Analysetechnik. - 47 3.7.1GC/MS Brataroma und WOF. - 47 -3.7.2Gaschromatographische Messung der Fettsäuremuster (nachTiHo-CA Methodenanweisung M-010-00.CA) . - 51 -3.8 Sensorische Untersuchung. - 52 3.8.1Sensorikpanel. - 52 -

III3.8.2Versuchsaufbau. - 52 -3.9 Auswertung. - 54 -43.9.1Software . - 54 -3.9.2Identifizierung und Quantifizierung der Substanzen . - 54 -3.9.3Statistik . - 55 -Ergebnisse . - 56 4.1 Aromaprofil der gebratenen Fleischproben. - 56 4.1.1Allgemeine Betrachtung der Ergebnisse aus denBratversuchen . - 56 -4.1.2Verbindungsklassen . - 65 -4.2 Fettsäuremuster. - 68 4.3 Aromaprofil von gekochtem Lamm- und Putenfleisch. - 70 4.4 WOF Lamm . - 71 4.5 WOF Pute . - 75 4.6 WOF Sensorik. - 80 -54.6.1Sensorische Untersuchungen zum WOF beim Putenfleisch . - 80 -4.6.2Sensorische Untersuchungen zum WOF beim Lammfleisch. - 82 -Diskussion . - 84 5.1 Vergleich der Aromaprofile von herkömmlichem gebratenem Lammfleisch und gebratenem Fleisch der Heidschnucke. - 84 5.1.1Anmerkung zur Methode . - 84 -5.1.2Einordnung der Ergebnisse . - 85 -5.1.3Aromaprofil der Schaffleischproben. - 86 -5.1.3.1Aldehyde . - 86 -5.1.3.2Ketone und Alkohole . - 87 -5.1.3.3Säuren . - 88 -5.1.3.4Furanone. - 89 -5.1.4Vergleich der Fettsäuremuster . - 89 -5.1.5Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Aromaprofilen . - 91 -5.2 Untersuchungen zum WOF . - 91 -

IV5.2.1 WOF Entstehung . - 92 5.2.1.1Lammfleisch . - 92 -5.2.1.2Fleisch der Putenoberkeule. - 93 -5.2.25.2.2.1Rosmarinextrakt . - 95 -5.2.2.2Weinsäure . - 96 -5.2.2.3Quercetindihydrat. - 97 -5.2.2.4Glykosidisch gebundene Quercetine. - 98 -5.2.2.5Schlussfolgernde Bewertung . - 98 -5.2.36Die Zusätze im Vergleich. - 95 -Sensorische Untersuchungen zum WOF. - 99 -5.2.3.1Anmerkung zur Methode. - 99 -5.2.3.2Einordnung der Ergebnisse. - 99 -Zusammenfassung . - 101 6.1 Aromaprofil der gebratenen Fleischproben. - 101 6.2 Untersuchungen zum WOF . - 102 -7Summery. - 104 -7.1 Volatile aroma of pan-fried meat samples. - 104 7.2 Warmed-over flavor . - 105 8Anhang. - 106 -8.1 Tabellen . - 106 8.2 Abbildungen. - 111 9Verzeichnisse . - 113 9.1 Literaturverzeichnis. - 113 9.2 Abbildungsverzeichnis . - 125 9.3 Tabellenverzeichnis . - 127 9.4 Abkürzungsverzeichnis . - 128 -10Glossar. - 131 -

Allgemeine Einleitung und Fragestellung1-1-Allgemeine Einleitung und FragestellungFleisch der unterschiedlichsten Tierarten ist in der heutigen Zeit in Deutschland alsLebensmittel kaum noch von der alltäglichen Speisekarte wegzudenken. Die moderne, effiziente Nutztierhaltung hat es zu einem erschwinglichen Produkt gemacht unddie hohe Akzeptanz beim Verbraucher konnte auch durch die jüngsten Verunsicherungen in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit nicht entscheidend gemindert werden. Folglich besteht von Seiten der Nahrungsmittelindustrie ein gesteigertesInteresse daran, Fleisch mit all seiner Vielfalt berechenbarer zu machen, um demKunden und Endverbraucher ein Produkt nach seinen Wünschen anzubieten.Das Aromaprofil von Fleischprodukten spielt neben deren Farbe eine zentrale Rollebei der Akzeptanz seitens des Konsumenten und stellt somit einen wertgebendenAnsatzpunkt für eine Beeinflussung dar (PEARSON et al. 1994). Das Fleischaromavon unterschiedlichen Tierarten im rohen sowie zubereiteten Zustand zu erfassenund jeweilige Besonderheiten darzulegen, ist eine der aktuellen Herausforderungenin der Aromaforschung. Als ein Beispiel dafür, dass auch innerhalb einer TierartUnterschiede im Aroma auftreten, kann das Schaf genannt werden. HerkömmlichesLammfleisch spielt auf dem deutschen Fleischmarkt, verglichen mit Geflügel-,Schweine- und Rindfleisch, eine untergeordnete Rolle (GRUMBACH et al. 2001),wird doch das typische Lammaroma eher als unangenehm wahrgenommen. Dagegen ist das Fleisch der grauen gehörnten Heidschnucke nach Erfahrungsberichtenwesentlich milder im Geschmack. Laut den Angaben der lokalen Händler und Gaststätten wird das Fleisch auch von Kunden angenommen, die dem herkömmlichenLammfleisch nicht zugeneigt sind.Anhand der erzielten Erkenntnisse zu den Aromen einzelner Tierarten oder auchRassen, erlangen die Versuche zur positiven Beeinflussung eines natürlichen Produktes eine neue Qualität. Die Genetik und Fütterung der lebensmittellieferndenTiere, die Technologien der fleischverarbeitenden Industrie sowie die verwendetenLebensmittelzusatzstoffe stellen die wesentlichen Ansatzpunkte für eine Beeinflus-

-2-Allgemeine Einleitung und Fragestellungsung des Aromaprofils dar. Definierte Aromafehler können, bei ausreichendem Wissen um ihre Genese, wirkungsvoll vermieden werden.Bereits vor ca. 50 Jahren haben TIMS u. WATTS (1958) einen Aromafehler beschrieben, der schon wenige Stunden nach einer Hitzebehandlung, besonders beierneuter Erwärmung der Fleischproben, eintritt und mit den Begriffen metallisch,grün, muffig und stechend charakterisiert wird. Seit der ersten Beschreibung des sogenannten „Warmed-over flavors“ (WOF), für den im deutschen Sprachraum auchdie Bezeichnung „Aufwärmgeschmack“ Einzug gehalten hat, haben sich diverseAutoren mit der genauen Erfassung sowie mit den Möglichkeiten zu dessen Unterdrückung auseinandergesetzt. Die Möglichkeit, aufgewärmtes Fleisch wie „frischzubereitet“ schmecken zu lassen, stellt sich besonders für die Hersteller von Fertigmahlzeiten als sinnvoll dar.Die vorliegende Arbeit soll zum einen prüfen, ob zwischen den Aromaprofilen vongebratenem herkömmlichen Lammfleisch und dem der grauen gehörnten Heidschnucke Unterschiede definierbar sind, und ob zum anderen eine Reihe von natürlich vorkommenden, antioxidativ und / oder komplexierend wirkenden Substanzen inder Lage ist, den WOF bei Lamm- und Putenfleisch zu unterbinden oder zu reduzieren.

Schrifttum2-3-Schrifttum2.1 Definitionen zur AromaforschungGeschmacksstoffe: sind bei Zimmertemperatur im Allgemeinen nicht flüchtige Verbindungen und werden deshalb nur mit den Geschmacksrezeptoren wahrgenommen.Aromastoffe: auch Geruchsstoffe, flüchtige Verbindungen, die mit den Geruchsrezeptoren des Riechepithels wahrgenommen werden.Der Begriff „Aromastoff“ wird ebenso wie der Begriff „Geschmacksstoff“ wertfrei verwendet, dieselbe Verbindung kann in einem Produkt an der Ausbildung der typischenGeruchs- und Geschmacksnote sowie in einem anderen an einem Aromafehler beteiligt sein.Flavor: umfassender Begriff für den Gesamtsinneseindruck beim Verzehr von Lebensmitteln. Flavor beinhaltet das Aroma, den Geschmack, aber auch die Wahrnehmung von physikalischen Eindrücken.Character impact compounds (CIC): als CIC werden Aromastoffe bezeichnet, denenbei der Definierung von charakteristischem Aroma eines Lebensmittels eine zentraleRolle zugesprochen wird. Man spricht auch von Schlüsselaromastoffen.Aromafehler: durch artfremde, in den betreffenden Lebensmitteln normalerweisenicht vorkommende Aromastoffe, durch Verlust von Schlüsselaromastoffen oderdurch Veränderungen der Konzentrationsverhältnisse kann es zu Aromafehlern(engl.: off flavor) kommen. Der warmed-over flavor (siehe 2.7) ist eine solche Verschiebung im Aromaprofil, die zu einer Qualitätsminderung des Lebensmittels führt.

Schrifttum-4-2.2 Physiologische Grundlagen zur organoleptischen Wahrnehmung des FlavorsDer Verzehr von Lebensmitteln geht beim Menschen mit der so genannten „flavorsensation“ einher, ein Begriff, der das Zusammenwirken von Geschmacks- und Geruchsrezeptoren sowie der in der oralen und pharyngealen Schleimhaut lokalisiertenTemperatur- und Schmerzrezeptoren beschreibt.Bei der Geschmacksempfindung unterteilt man mit sauer, salzig, süß und bitter invier Grundqualitäten, welche über Sinneszellen in den Geschmacksknospen derZunge aber auch des Gaumens, der Epiglottis und des Pharynx wahrgenommenwerden. Die Geschmacksrezeptoren, die den Chemorezeptoren zugerechnet werden, unterrichten den Organismus über bestimmte nichtflüchtige Verbindungen derwasserlöslichen Fraktion, die über die Nahrung aufgenommen werden (PIERAU2000).Die geruchliche Wahrnehmung stellt den entscheidenden Faktor bei der sensorischen Beurteilung von aufgenommener Nahrung dar (MATSUISHI et al. 2004). Dievolatilen Aromastoffe gelangen über den Atemstrom durch die Nase (orthonasaleWahrnehmung) oder, nachdem sie beim Kauprozess freigesetzt wurden, über denRachen (retronasale Wahrnehmung) an die Sinneszellen im Neuroepithel der Regioolfactoria. Grundlage für die Wahrnehmung ist die Bindung der Aromastoffe über dieGeruchsrezeptoren. Hierbei gilt, dass ein Rezeptor verschiedene Aromastoffe bindenkann, bestimmte Aromastoffe aber nur von bestimmten Rezeptoren erkannt werden(MALNIC et al. 2003). Daraus ergibt sich bei der hohen Zahl von Rezeptoren (mehrere hundert sind bekannt) eine große Kombinationsvielfalt, die es dem Menschenerlaubt, etwa 10.000 verschiedene Gerüche zu unterscheiden.Die Erkennungsschwellen liegen für den Geschmackssinn wesentlich höher als beimGeruchssinn. Beispiel: Chinin (bitter) wird bei 4 mg / L Wasser wahrgenommen,Aromastoffe mit geringen Wahrnehmungsschwellen wie Methylmercaptan, das unteranderem im Knoblauch vorkommt, schon bei einer Konzentration von 4·10-12 mg / LLuft (SILBERNAGEL u. DESPOPOULOS 1991).

Schrifttum-5-2.3 Mechanismen der Bildung flüchtiger Aromastoffe beim FleischAromaprofile von Fleischprodukten lassen sich auf die biologische Matrix in ihrerindividuellen Zusammensetzung sowie die unterschiedlichen Produktionstechnologien zurückführen. Rohes Fleisch besitzt ein nur schwaches Aroma, welches mit densensorischen Eigenschaften wie „blutig“, „metallisch“ beschrieben wird. Bei Zimmertemperatur treten Aromaveränderungen durch nichtenzymatische Reaktionen erstnach längeren Reaktionszeiten in Erscheinung. Beim Erhitzen entwickelt sich je nachTierart, Temperatur und Technologie eine Vielzahl flüchtiger aromaaktiver Substanzen. Durch das Kochen oder Braten werden entscheidende Reaktionen, wie dieLipidoxidation, die Maillard-Reaktion und der zu ihr gehörende Strecker-Abbau vonAminosäuren, beschleunigt. Eine Erhöhung der Temperatur hat dabei eine steigendeAnzahl an gebildeten aromarelevanten Verbindungen zur Folge.Unter den nicht-flüchtigen Substanzen im Fleisch lässt sich eine Reihe von Aromaprecursoren nachweisen, Verbindungen, die als Ausgangspunkte oder enwichtigstenAromaprecursoren im Fleisch zählen höhermolekulare Bestandteile wie Proteine,Glycogen, Nucleinsäuren und Lipide sowie als niedermolekulare Vertreter unter anderem Peptide, einzelne Aminosäuren, Zucker und Vitamine. Der Gehalt an Aromaprecursoren steigt durch die enzymatischen Prozesse der Fleischreifung wie derProteolyse und Glykolyse an (BELITZ u. GROSCH 2001).2.3.1 FettabbauprodukteSekundärprodukte aus den vielschichtigen Reaktionswegen der Lipidoxidation stelleneinen entscheidenden Anteil der aromaaktiven Substanzen, welche bei der Erhitzungvon Fleisch entstehen. Grundlagen der Reaktionswege sind unter 2.7.2 näher erläutert.Bei neueren Untersuchungen zum Aromaprofil von gebratenem oder gekochtemLammfleisch stellen Verbindungen aus der Lipidoxidation die größere Gruppe imVergleich zu den Produkten der Maillard-Reaktion (ELMORE et al. 2000; ELMORE etal. 2005; SUTHERLAND u. AMES 1995).

-6-Schrifttum2.3.2 Thermische Zersetzungsprodukte aus Zuckern und Aminosäuren2.3.2.1 Maillard-ReaktionDie Bräunungsreaktion zwischen Zuckern und Aminosäuren, benannt nach Maillard,findet bei allen thermischen Behandlungen von Lebensmitteln statt und trägt einerseits zum gewünschten Aroma (gebratenes Fleisch), andererseits auch zu Aromafehlern (z.B. gelagertes Milchpulver) bei. Nach Kondensation und Polymerisationhandelt es sich bei den Produkten der Maillard-Reaktion um stickstoffhaltige, braungefärbte Melanoidine.Der erste Schritt der Reaktion ist die Ausbildung eines N-Glykosides zwischen einemZucker und einer Aminosäure, welches durch eine protonenkatalysierte Umlagerungin das so genannte Amadori Produkt, eine Verbindung von geringer Stabilität, überführt wird. Durch Enolisierung und Abspaltung des Aminosäurerestes entstehenDesoxyosone. Das 3-Desoxyoson wird über Wasserabspaltung und Ringschluss zuden primären Zuckerabbauprodukten Furfural (Pentosen) bzw. Hydroxymethylfurfuralund 5-Methylfurfural (Hexosen). Das 1-Desoxyoson wird durch weitere Wasserabspaltung in 2,5-Dimethyl-4-hydroxy-3-(2H)-furanon oder das 5-Methyl-Homologon,abhängig vom ausgehenden Zucker, überführt. Alternativ können durch die Fragmentierung der Kohlenstoffkette α-Dicarbonylverbindungen entstehen, welche einenentscheidenden Beitrag am Strecker-Abbau leisten (siehe Abbildung 1).

SchrifttumHCNCHH CNCOHOHHHR- H2 OCRNCOHCHOHCHCHOHCHOHH- RNH2 H2OHR-7-COCOCH- H2OAOCCOHCHCHOHCH5 2HCROPentosen: R H OHexosen: R sationHAmadori-ProduktH CNCOHCOHCHOHHR - RNH2HHHHCHOCHCOHCOCOCOCHOHCHOH1-DesoxyosonO35 2ROPentosen: R HHexosen: R CH3FragmentationHHCHCO α-DicarbonylO verbindungenCRAFurfural aus Pentosen; Hydroxymethylfurfural aus HexosenB5-Methyl-4-hydroxy-3-(2H)-furanon aus Pentosen2,5-Dimethyl-4-hydroxy-3-(2H)-furanon aus HexosenAbbildung 1: Amadori-Produkt und dessen Reaktion zu wichtigen Zwischenprodukten derMaillard-Reaktion (BELITZ u. GROSCH 2001)Die beschriebenen Maillard-Produkte sind zu weiteren Reaktionen fähig, so dass eszu Interaktionen von Furfural, Furanonen und den Dicarbonylen mit anderen reaktiven Verbindungen wie den Aminen, Aminosäuren, Schwefelwasserstoff, Thiolen,Acetaldehyd und anderen Aldehyden kommt.2.3.2.2 Strecker-AbbauEine Fortführung der Maillard-Reaktion, der so genannte Strecker-Abbau, stellt eineweitere wichtige Reaktion dar, bei der Aromastoffe entstehen. Bei der oxidativenDesaminierung und Decarboxylierung von α-Aminosäuren in Anwesenheit von, ausder Maillard-Reaktion hervorgegangenen, Dicarbonylverbindungen entstehen ausge-

Schrifttum-8-hend von den Aminosäuren um ein Kohlenstoff-Atom verkürzte Aldehyde und ausden ursprünglichen α-Dicarbonylen die α-Aminoketone. Sowohl die StreckerAldehyde, die zum Teil ausgesprochen aromaintensiv sind, sowie die α-Aminoketone(sie dimerisieren zu den an der röstigen Note beteiligten Pyrazinen) spielen einewichtige Rolle beim Aroma von gebratenem Fleisch. Ein Überblick zu den Reaktionen des Strecker-Abbaus ist in Abbildung 2 dargestellt.HR1CCR2OOC OHNH2COR3Dicarbonylα-Aminosäure- H 2ONRR2CHCCOCOOH- CO 2R1R1CHCH2R2NNCCHOOR3R3AR2CCR3 H 2OBHOC ROAldehydR2CHCR4C R3OR4CHR5α -AminoketonNH2- 2 H2 OCCHR5NNR2CHCSR4NR2R5NR3[O]R3- H 2OPyrazinCz. B. Methional:R H2NCH3z. B. Phenylacetaldehyd:R ADecarboxylierungBAbspaltung des Aldehyds von derAminogruppeCDimerisierungAbbildung 2: Reaktionsschemata zum Strecker-Abbau

Schrifttum-9-2.4 Die Rolle von Lammfleisch für den VerbraucherIn den relativ stabilen Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung der westlichen Weltspielt Lammfleisch nur eine untergeordnete Rolle (GRUMBACH et al. 2001). DieMehrheit der Konsumenten nennt vor allem das Aroma von Lammfleisch als Grundfür die Zurückhaltung beim Kaufverhalten (WARD et al. 1995). Neben dem Aromabietet Lammfleisch jedoch eine Vielzahl von Qualitäten, die in den letzten Jahrenverstärktes Interesse der Konsumenten geweckt haben. Beim Lammfleisch handeltes sich um eine fettarme Fleischsorte mit einem ernährungsphysiologisch günstigenVerhältnis zwischen ω-6- und ω-3-Fettsäuren (DEMISE et al. 1998), es wird häufigregional vermarktet und stammt in der Regel aus extensiver Tierhaltung. Die Akzeptanz dieses Produktes kann also möglicherweise durch eine bessere Aufklärung derVerbraucher erhöht werden (GRUMBACH et al. 2001).Das Fleisch der grauen gehörnten Heidschnucke wird als sehr zart und mild imGeschmack eingestuft und wird nach Angaben von lokalen Händlern auch von Konsumenten angenommen, die dem herkömmlichen Lammfleisch reserviert gegenüberstehen.Heidschnucken sind eine zu den Landschafen zählende Schafrassengruppe vonmindestens 7 Einzelrassen mit regionaler Bedeutung. Die graue gehörnte Heidschnucke (auch Lüneburger Heidschnucke, Ovis aries brachyura campestris) stelltdie größte Population dieser Gruppe und darf das Siegel einer „geschützten Ursprungsbezeichnung“ tragen. Sie wird vornehmlich in Wanderherden in der Lüneburger Heide zur Landschaftspflege eingesetzt, wo sie durch selektives Fressverhalteneine Verwaldung der zum Nationalpark erklärten Heidelandschaft verhindert. Imweiteren Verlauf dieser Arbeit steht die Bezeichnung Heidschnucke stellvertretendfür die graue gehörnte Heidschnucke.

- 10 -Schrifttum2.5 Untersuchungen zum Aromaprofil von Lammfleisch2.5.1 Lammaroma, allgemeinÜber Substanzen, die für das Aroma von Lammfleisch verantwortlich gemacht werden, existieren diverse Veröffentlichungen. Der Ansatz für die Identifizierung derAromastoffe fällt dabei sehr unterschiedlich aus, zum einen gibt es den Versuch,bestimmte geruchs- / geschmacksintensive Verbindungen aus Geweben zu gewinnen und zu identifizieren bzw. sich gezielt einer Stoffgruppe mit gemeinsamen chemischen Eigenschaften zu widmen, zum anderen kann versucht werden, über einengut reproduzierbaren Zubereitungsschritt ein möglichst umfangreiches oder wenigstens charakteristisches Aromaprofil zu erstellen.Eine Reihe von Verbindungen (verzweigte Fettsäuren, Carbonylverbindungen,schwefelhaltige Substanzen, Produkte aus der Lipidoxidation und Phenole) solleneinen wesentlichen Einfluss auf das Lammaroma haben, eine zufrieden stellendeNennung der Schlüsselaromastoffe steht jedoch noch aus (DUCKETT u. KUBER2001).Vor allem das Fettgewebe, als Ausgangsmatrix für eine Vielzahl flüchtiger Verbindungen (siehe 2.3.1), wurde in den Studien zum Lammaroma untersucht. WONG etal. (1975c) haben methyl- und ethylverzweigte Fettsäuren, insbesondere 4Methyloctansäure, 4-Methylnonansäure und 4-Ethyloctansäure (siehe Abbildung 3),als charakteristische Aromakomponenten von Schafprodukten ausgemacht. DieseThese konnte unter anderem von YOUNG et al. (1997) bestätigt werden. Vertreterder flüchtigen verzweigten Fettsäuren konnten von KIM et al. (1993) aus der lipophilen Fraktion von Schaf-, Ziegen-, Rind- und Schweinefleisch isoliert werden. DasSchaffleisch, sowie mit Abstrichen das Ziegenfleisch, wiesen dabei Konzentrationender oben erwähnten Fettsäuren auf, die einen Beitrag zum Gesamtaroma vermutenlassen (siehe Tabelle 1).

Schrifttum- 11 -Tabelle 1: Konzentrationen bestimmter methyl- und ethylverzweigter Fettsäuren im Muskelfleisch verschiedener Speziesverzweigte FSKonzentrationen der FS in µg / dndndnonansäure123American white goat; Korean black goat; kein Nachweis der VerbindungQuelle: KIM et al. (1993)Die Synthese von verzweigten Fettsäuren mit Substituenten an geradzahligen CAtomen bei Wiederkäuern basiert laut GARTON (1977) auf der Bevorzugung desEinbaus von Methylmalonyl-CoA bei der Fettsäuresynthese gegenüber dem Einbauvon Malonyl-CoA, was zu geradkettigen Fettsäuren führt. Da Methylmalonyl-CoAüber Propoinsäure synthetisiert wird, ist dieser Syntheseweg auf ein erhöhtes Angebot an letzterer zurückzuführen, was über bestimmte Futtermittel (Bsp.: Gerste) erreicht wird (DUNCAN et al. 1974; DUNCAN u. GARTON 1978; GARTON 1977). Dasverstärkte Vorkommen dieser Fettsäuren bei Schafen und Ziegen, im Vergleich zuanderen Wiederkäuern, wird mit unterschiedlich spezifisch wirkenden Fettsäuresynthasen begründet.H 3CCOOHH 3CCH 3C4-MethyloctansäureOOHH 3C4-EthyloctansäureCH 3COOHH 3C4-MethylnonansäureAbbildung 3: Strukturformeln der drei aromarelevanten verzweigten Fettsäuren

Schrifttum- 12 -Untersuchungen zur Verteilung der flüchtigen verzweigten Fettsäuren in unterschiedlichen Fettgeweben vom Lamm ergaben, dass diese verstärkt im subcutanan Fettgewebe (Werte um Faktor 10 erhöht) verglichen zum Muskelfett zu finden sind(BRENNAND u. LINDSAY 1992). Eine Auswahl der weit über 20 im Schafsfett / fleisch beschriebenen flüchtigen verzweigten Fettsäuren (WONG et al. 1975c) ist inTabelle 2 aufgeführt.Tabelle 2: Konzentration flüchtiger verzweigter Fettsäuren in Abhängigkeit von der Probennahmestelle am Schlachtkörper nach BRENNAND u. LINDSAY ( 1992)verzweigteFettsäureSubcutanes ptansäure20,524,63

(Dr. med. vet.) durch die Tierärztliche Hochschule Hannover Vorgelegt von Klaas Dietze aus Hannover Hannover 2006 . Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Waldemar Ternes 1. Gutachter: Prof. Dr. Waldemar Ternes 2. Gutachter: Prof. Dr. Martin Ganter Tag der mündlichen Prüfung: 07.06.2