20 21 - Telekom

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2021STARTUPS UNDKÜNSTLICHEINTELLIGENZInnovation trifft Verantwortung1

2021HERAUSGEBERBundesverband Deutsche Startups e.V.PARTNER UND FÖRDERERhubraum - Tech-Inkubator der Deutschen TelekomAUTORENDr. Alexander HirschfeldJannis GildeVanusch WalkVanessa CannProf. Dr. Jürgen SeitzKatharina WillboldRobin HaiberDESIGNDina ARTUPS UNDKÜNSTLICHEINTELLIGENZInnovation trifft Verantwortung23

INHALTSVERZEICHNIS01KI – MADE IN GERMANY 71.1.1.2.1.3.0205KI im deutschen InnovationsökosystemMindset, Finanzierung und WachstumDiversität im KI-ÖkosystemUnternehmertum und DatenschutzVertrauen als Voraussetzung für KI-InnovationenRegulierung als Faktor im KI-Ökosystem252629POTENZIALE IN FORSCHUNG UNDETABLIERTER WIRTSCHAFT334.1.4.2.4.3.333639F&E-Stärke und Gründungsförderung als Basis für KI-StartupsForschungstransfer stärken und Netzwerke nutzenSynergien mit der etablierten WirtschaftDIGITALE SOUVERÄNITÄT 43Literatur4111821KI IN WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT 253.1.3.2.3.3.04779STARTUPS UND DIE KI-TRANSFORMATION 112.1.2.2.2.3.03Motivation und ZielsetzungInnovation, Verantwortung und SouveränitätFokus und Methode461

Ein zentraler Aspekt, den wir in diesem Zusammenhang schnell und umfassendadressieren müssen, betrifft die Diversität und insbesondere das Geschlecht: Wirbrauchen mehr Frauen im KI-Sektor! Denn Frauen in der KI zu stärken bedeutet,bei der Entwicklung neuer Technologien die Gesellschaft in ihrer gesamten Breiteeinzubinden und in Sachen Talente aus dem Vollen zu schöpfen. Eine so wirkmächtige Technologie wie KI stellt besondere Anforderungen an unsere digitaleVerantwortung – Vielfalt bei denjenigen, die sie gestalten ist uns deshalb einzentrales Anliegen.Wir hoffen, mit unserer Studie die entsprechenden Impulse zu setzen und wünschen eine spannende Lektüre.VORWORTClaudia Nemat, Vorständin für Technologie & Innovation Deutsche Telekom AGChristian Miele, Vorstandsvorsitzender Bundesverband Deutsche Startups e. V.Für 43 % der Startups in Deutschland hat KI einen deutlichen Einfluss auf ihrGeschäftsmodell. Das zeigt, welche zentrale Rolle innovative Jungunternehmenbeim Transfer dieser digitalen Schlüsseltechnologie in die Praxis spielen. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Hier kann Großes entstehen! Gründerinnen und Gründerim KI-Sektor bringen genau das mit, was wir im Kontext der Digitalisierung undwirtschaftlichen Transformation dringend brauchen – Risikobereitschaft und dieFähigkeit, groß zu denken. Ehrgeizige Unicorn-Bewertungsziele sind bei den KIStartups nämlich doppelt so häufig anzutreffen wie im gesamten Startup-Sektor.Das macht Mut! Denn Startups sind nicht nur Wirtschaftsfaktor, sondern habenauch eine immense gesellschaftliche Bedeutung. Als „schnelle“ Unternehmensind sie ein elementarer Faktor auf unserem Weg zu mehr digitaler Souveränitätin Europa. Wenn wir Europäer im Bereich KI nicht vorne dabei sind, dann verlieren wir die Möglichkeit, ganz entscheidende Technologien und Geschäftsfeldermitzugestalten. Deshalb gilt es, die Kapitalausstattung von Startups, gerade imKI-Sektor, deutlich zu verbessern – vor allem mit Blick auf strategische und VC-Investitionen. Hier sind vor allem die USA und Israel Benchmarks.Wenn wir im Bereich KI an einem Strang ziehen, haben Deutschland und Europadie Chance, eine Führungsrolle einzunehmen: Mit dem Fokus auf eine menschenzentrierte KI schaffen wir – auch im internationalen Wettbewerb – ein klares Profil. Nun heißt es, Verantwortung und Innovation gleichermaßen voranzubringen,um diesen USP zu nutzen. Denn für Kundinnen und Kunden ebenso wie für Unternehmen werden Ethik und Vertrauen im Bereich KI immer wichtiger.23

KERNERGEBNISSEREGULIERUNG SPALTET06Immerhin 47 % der befragten Startups bewerten eine europäische KI-Regulierung mit Blick auf die Herstellung von Vertrauen und eines europäischen USPpositiv. Insbesondere rechtliche Unsicherheiten und Fragen der praktischenUmsetzbarkeit stellen KI-Startups jedoch vor große Herausforderungen.07Mit einem Anteil von 33 % spielen universitäts- und forschungsnahe Gründungen im KI-Bereich eine zentrale Rolle. Im internationalen Vergleich ist Deutschland beim Thema Ausbildung – etwa bei KI-spezifischen Studiengängen – undTransfer aber noch schwach aufgestellt.FORSCHUNGSTRANSFER IST ELEMENTARSTARTUPS BRINGEN KI IN DIE PRAXIS01Die Technologie hat für 43 % der deutschen Startups einen klaren Einfluss aufihr Geschäftsmodell und KI-Startups sind Vorreiter in den Bereichen Industrie4.0 und Internet of Things. Das macht sie in der Zusammenarbeit mit der etablierten Wirtschaft zu einem der treibenden ökonomischen Faktoren.KI-STARTUPS DENKEN GRÖSSER0217 % der jungen KI-Unternehmen haben das Ziel, eine Unternehmensbewertung von über 1 Milliarde Euro zu erreichen, gegenüber nur 9 % im gesamtenÖkosystem – zudem wollen sie häufiger an die Börse. Im weltweiten Wettbewerb um Unicorns und Tech-Champions nehmen KI-Startups eine führendeRolle ein.KI-STARTUPS DIGITALISIEREN UNSERE INDUSTRIE08Mit Blick auf Wertschöpfung und Reife der Lösungen von KI-Startups liegt dasgrößte Potenzial in Deutschland bei industriellen Anwendungen. Doch dafürbraucht es auch entsprechende Unternehmensdaten – so wünschen sich 64 %der KI-Startups hier bessere Zugänge.ZU WENIG KAPITAL03In den USA wird im Vergleich zu Deutschland aktuell pro Kopf das 10-Fache,in Israel sogar das 19-Fache in KI-Startups investiert. Besonders groß ist derBedarf bei strategischen und VC-Investitionen, woran die Zurückhaltung derdeutschen Wirtschaft gegenüber KI und Deep-Tech sichtbar wird.04Der Anteil an Gründerinnen im KI-Sektor liegt bei nur 12 % und damit klar unterdem Durchschnitt im Startup-Ökosystem (18 %) – ein ähnliches Bild zeigt sichbei den Beschäftigten (29 vs. 38 %). Diese Schieflage muss sich mit Blick aufdie Themen Talente und Partizipation ändern.FRAUEN STARK UNTERREPRÄSENTIERTKI MIT VERANTWORTUNG054Zur Notwendigkeit ethischer Leitlinien besteht unter deutschen KI-Startups einGrundkonsens. 88 % wollen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und81 % finden, dass ethische Fragen auch bei der Entwicklung der Technologieberücksichtigt werden müssen.5

1. KI – MADE INGERMANY1.1. MOTIVATION UND ZIELSETZUNGVoicification, Personalisierung der Bildungoder die Optimierung von Produktionslinienund Energiesystemen und viele weitere Anwendungen der Künstlichen Intelligenz sindin der Praxis angekommen und treiben dienächste Welle der digitalen Transformationvoran. Ob Videokonferenz-Tool oder CloudService, die Corona-Pandemie hat zugleichden europäischen Rückstand bei digitalenLösungen in der breiten Öffentlichkeit in denFokus gerückt – Stichwort: digitale Souveränität. Doch wie können wir KI-Innovationen inDeutschland und Europa selbst gestalten undunser Ökosystem stärken, um diesen Entwicklungsschub noch besser für uns zu nutzen?Neben dem Blick auf die großen Potenzialeder KI muss auch berücksichtigt werden,dass KI-Anwendungen Ausgangspunkt unterschiedlicher gesellschaftlicher Herausforderungen sind – vom Thema Datenschutz bis hinzu Problemen der Diskriminierung. Hier gilt es,Verantwortung zu übernehmen und Vertrauenzu schaffen.Es ist elementar, zu verstehen, wie eng Innovation und Verantwortung im Bereich KI miteinander verbunden sind. Wenn in Deutschlandund Europa in den kommenden Jahren keineinternational wettbewerbsfähigen KI-Lösungen entstehen, dann wird man diesen Bereichauch nicht mitgestalten. Stattdessen ergebensich einseitige Abhängigkeiten, wie wir sie invielen Bereichen der Digitalwirtschaft, etwabei Suchmaschinen, Online-Plattformen und6sozialen Netzwerken, bereits kennen – amEnde nützt es dann wenig, auf eigene Werteund Leitlinien zu pochen.Dieser Entwicklung entgegenzuwirken bedeutet, Deutschland als innovativen KI-Standortzu stärken und dabei die gesellschaftlichenHerausforderungen der Technologie einzubeziehen. Ziel der vorliegenden Studie ist es, diedafür entscheidenden Bedingungen herauszuarbeiten und den Mehrwert von KI-Anwendungen durch praktische Beispiele zu illustrieren. Der Blick richtet sich dazu dezidiertauf KI-Startups, den wichtigsten Indikatorwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Transformation. Dabei wird an die 2020 veröffentlichte Studie „Künstliche Intelligenz: Wostehen deutsche Startups?“ angeknüpft undEntwicklungsmöglichkeiten für die Weiterentwicklung des Ökosystems in den Fokusgerückt: Wie können wir deutsche KI-Startups im internationalen Wettbewerb weitervoranbringen? Was sind die Faktoren, die fürdie Entwicklung des Ökosystems entscheidend sind? Und welche Rolle spielen dabeidie Themen Ethik, Regulierung und digitaleSouveränität?1.2. INNOVATION, VERANTWORTUNG UNDSOUVERÄNITÄTUm sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung von KI vor Augen zu führen,lohnt es sich, das Konzept kurz zu skizzieren.7

Im Bereich KI geht es um die Entwicklungvon Modellen, die Fähigkeiten besitzen, dieüblicherweise dem Menschen zugeschriebenwerden: Dazu zählen Lernen, Logik und in Extremfällen sogar abstraktes Denken. Sehr fortgeschrittene KI-Modelle existieren beispielsweise im Bereich des Language-Modellings,mit denen auf Grundlage der Analyse umfassender Daten von der KI selbst Text produziertund Fragen beantwortet werden können.KI löst relevante gesellschaftliche Probleme –etwa im Bereich der medizinischen Diagnostik –,steigert die Effizienz industrieller Produktionund trägt damit enorm zur wirtschaftlichenEntwicklung bei. Neben dem Entstehen neuerGeschäftsfelder ist dabei der positive Effektauf die Produktivität hervorzuheben, der sichaus der zunehmenden Automatisierung undhöheren Zuverlässigkeit von Systemen ergibt.Diese Effizienzsteigerung zeigt sich in derphysischen Produktion ebenso wie im Feldwissensbasierter Tätigkeiten – beispielsweisebei der Arbeit mit Forschungs- oder Kundendaten. Modellrechnungen gehen davon aus,dass das jährliche globale Wirtschaftswachstum dadurch bis 2030 im Durchschnitt umüber einen Prozentpunkt gesteigert werdenkann (McKinsey Global Institute 2018, PwC2018). KI kann damit nach dem DämpferAbb. 1: Wirtschaftliche Bedeutung Künstlicher IntelligenzERWARTETES ZUSÄTZLICHES WACHSTUMDURCH KI (IN BILLIONEN US-DOLLAR) 15,7 Billionen US-Dollar130 13 Billionen US-Dollar120110Beispielen wie der polizeilichen Nutzung vonGesichtserkennungssoftware, die in manchenLändern bereits eingesetzt wird. VerhaftungenUnschuldiger auf Grundlage falsch-positiverDatenabgleiche haben dort zu Kritik geführt,gerade auch, da höhere Fehlerraten insbesondere ethnische Minderheiten treffen unddamit bestehende Formen der Diskriminierung reproduziert oder sogar verstärkt werden(New York Times 2021). Daneben stellt sichdie grundlegende Frage nach der Legitimitätstaatlicher und wirtschaftlicher Eingriffe inPersönlichkeitsrechte. Hier wird deutlich, wiewichtig eine zielgerichtete Regulierung ist,die berechtigte gesellschaftliche Vorbehalteaufgreift und gleichzeitig der großen Mehrheitunkritischer KI-Anwendungen das nötige Vertrauen verschafft.1.3. FOKUS UND METHODEIndikator für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt im KI-Sektor.10090802019202020212022Wachstum ohne KI2023202420252026KI-Wachstum PwC2027202820292030KI-Wachstum McKinseyQuelle: McKinsey Global Institute (2018) & PwC (2018)durch die Corona-Pandemie zu einem zentralen Wachstumstreiber werden.Mit dem zunehmenden Einsatz von KI-Anwendungen gewinnen auch die gesellschaftlichenKonsequenzen der Technologie an Bedeutung.Das gilt insbesondere dann, wenn Entschei-8dungen getroffen werden, die sich unmittelbar auf Menschen auswirken. Daher stellensich im Kontext von KI immer häufiger auchFragen zum Datenschutz und zu staatlichenVorgaben im Umgang mit der Technologie.Angetrieben wird die Debatte von extremenKernthemen dieser Studie sind die Verbindung von Innovation und Vertrauen unddie Bedingungen dafür, in Deutschland einleistungsfähiges KI-Ökosystem zu schaffen.Wie in unserer letztjährigen Veröffentlichung„Künstliche Intelligenz: Wo stehen deutscheStartups?“ liegt der Fokus dabei erneut aufjungen innovativen Wachstumsunternehmen.Denn Startups bringen innovative Produkteund Lösungen schnell in die Praxis, setzensich früh mit ethischen Herausforderungenauseinander und bilden daher einen zentralenFür die positive Entwicklung des KI-Ökosystems braucht es ein erfolgreiches Zusammenspiel von Startups, Forschung und etablierterWirtschaft. Gründungsdynamik und -qualitäthängen stark von den Bedingungen in derStartup-Szene ab, unter anderem mit Blickauf die Themen Finanzierung und Mindset(Kapitel 2). Darüber hinaus profitieren KIStartups von einem engen Austausch mit derWissenschaft – Schlagworte: Ausgründungund Fachkräfte – und von strategischen Ko-9

operationen mit der etablierten Wirtschaft(Kapitel 4). Neben diesen drei Dimensionendes Ökosystems spielen gerade beim ThemaKI die gesellschaftlichen und regulatorischenRahmenbedingungen und damit verbundendas Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzereine maßgebliche Rolle (Kapitel 3).Eine der zentralen Datenquellen der Studieist der Deutsche Startup Monitor (DSM) 2021(Kollmann et al. 2021), dessen Daten dieIdentifizierung von KI-Startups und eine gesonderte Neuanalyse ermöglichen. Insgesamtkann hier auf Informationen von etwa 2.000Startups und rund 440 mit KI-Fokus zurückgegriffen werden – darunter wurden alle befragten Unternehmen zusammengefasst, dieangegeben haben, dass KI einen sehr großenEinfluss auf ihr Geschäftsmodell hat1 . Darüberhinaus fließen Daten unterschiedlicher Quellen in die Analyse ein, insbesondere solche,die ein internationales Benchmarking ermöglichen – wie etwa der Stanford AI Index (Zhanget al. 2021) und Daten des Projekts „What canAI do for me?“ (Seitz et al. 2021).Abb. 2: Konzeptioneller RahmenWissenschaft:Forschung & FachkräfteLeitlinien:Regulierung &ZertifizierungKultur:Ethik & VertrauenKIÖKOSYSTEMGründungen:Intra-& Entrepreneurship2. STARTUPS UND DIEKI-TRANSFORMATION2.1. KI IM DEUTSCHEN INNOVATIONSÖKOSYSTEMKI setzt sich als Schlüsseltechnologie der Digitalisierung auch in Deutschland zunehmenddurch – vor allem im Startup-Ökosystem.Diese Entwicklung unterstreichen die DSMDaten: Bis 2020 wuchs die Bedeutung vonKI stetig und liegt nun auf einem konstantenNiveau von knapp 43 % (Abb. 3). Damit kannKI immer mehr als eine Querschnittstechnologie angesehen werden, mit der fast jedesUnternehmen – unabhängig von Branche oderGeschäftsmodell – Berührungspunkte hat.Dass wir nach dem Anstieg der letzten Jahrenun erstmals eine Stagnation beobachten,ist aber auch ein Warnsignal: Denn währendder Bedarf nach KI weiter steigt, sind Standortbedingungen für Neugründungen in vielenLändern deutlich besser als in Deutschland.Zudem stellt die Dominanz internationalerKonzerne KI-Startups hierzulande vor großeHerausforderungen.KI-Startups sind zentrale Innovationstreiber inZukunftsfeldern wie Industrie 4.0 und Internetof Things (IoT). Denn für die Verarbeitung undNutzung großer Datenmengen, die vernetzteund intelligente Industrie- und IoT-Anwendungen benötigen, sind leistungsfähige Algorithmen unerlässlich. Der starke Bezug derKI-Startups zu diesen beiden Sektoren zeigtsich klar in den DSM-Daten. Die Analyse derGeschäftsmodelle unterstreicht den Tech-Fokus der KI-Startups und ihre Relevanz für dieetablierte Wirtschaft: So dominieren wie auchim Vorjahr klar SaaS, Software- und Technologieentwicklung gegenüber klassischen digitalen Geschäftsfeldern wie Online-Plattformenund E-Commerce. Die zentrale Bedeutung vonTelekommunikationstechnologien verweistdabei auf die hohe Relevanz der Netzinfrastruktur für KI-Unternehmen. Gegenüber denVorjahren bleiben die Branchen Fertigung,Transport und Mobilität sowie Gesundheitweiter auf Wachstumskurs – von Robotik überMaschinenüberwachung zu autonomen Fahrzeugen oder Diagnosesoftware decken dieseStartups diverse Anwendungen ab (appliedAI2021).Etablierte Unternehmen:Entwicklungsprojekte & Auftraggebende1) Alle im Folgenden genannten Zahlen, die nicht anderweitig gekennzeichnet sind, beruhen auf denDaten des Deutschen Startup Monitors.1011

Abb. 3: Einfluss von KI auf das Geschäftsmodelldeutscher Startups40,4 %35,5 %22,1 %42,8 %42,7 %24,4 %23,1 %16,1 %Das autonome Fahren wird zum größten Teil inSimulationen getestet – bisher meistens in Szenarien ähnlich der Autobahn, die weit weniger komplex sind als der Verkehr in Innenstädten. Für ein hohes Maßan Sicherheit sind aber Situationen entscheidend, in denenUnerwartetes passiert – wenn zu Fuß gehende zum Beispielplötzlich auf die Straße treten. Hier setzen wir an und entwickeln mithilfe von Künstlicher Intelligenz Modelle, die genaudas berücksichtigen.“MARIA MEIER, Co-Founder & CTO Phantasma Labs19,4 %18,3 %18,4 %19,6 %DSM 2018DSM 2019DSM 2020DSM 2021Eigene Auswertung Deutscher Startup Monitor2018-2021Großen EinflussSehr großen EinflussSchon in meiner beruflichen Tätigkeit vor der Gründung von AiSight habe ich gesehen, welche Herausforderungen Unternehmen haben, Predictive Maintenance in ihren Produktionslinien zu implementieren. Mit unseremSensorkit und der dazugehörigen Software bieten wir mit AiSightunseren Kundinnen und Kunden eine einfach einsetzbare Lösungzur Zustandsüberwachung und vorausschauenden Instandhaltung von Industrieanlagen – etwas, das in der Vergangenheit oftkomplex und teuer war. Dabei konnten wir seit unserer Gründung2018 sowohl mittelständische Unternehmen als auch Großkonzerne von unserer Lösung überzeugen und dabei unterstützen, ihreProduktionsprozesse weiter zu optimieren.“MATTHIAS AUF DER MAUER, Founder & CEO AiSightMit unserem Startup Zana möchten wir KI- undSprachtechnologie in die Anwendung im Gesundheitswesen bringen. Dabei bewegen wir uns mitunseren Angeboten in einem Sektor, der schon heute starkreguliert ist. Gerade für junge KI-Startups ist es eine großeHerausforderung, die angekündigte KI-Regulierung, aber auchDatenschutzregeln und die schon bestehenden Vorgaben imGesundheitsbereich gleichermaßen zu überblicken und zuerfüllen. Für uns ist es daher wichtig, dass nicht neue Hürdenbeim Markteintritt geschaffen werden, sondern wir einen Wegfinden, Regulierungen zusammenzuführen, Prozesse zu beschleunigen und so mehr jungen Unternehmen Chancen zubieten.“DR. JULIA HOXHA, Co-Founder & CEO Zana1213

Abb. 4: KI-Startups & TechnologienSEHR GROSSER EINFLUSS AUF DAS GESCHÄFTSMODELL33,8 %32,5 %31,4 %23,8 %17,0 %14,9 %Wir sehen bei KI eine unglaubliche Dynamik, starkgetrieben von den großen Digitalunternehmen.Gleichzeitig gibt es auch viele Open-Source-Entwicklungen, die gerade kleineren und jungen Unternehmen denEinsatz von KI ermöglichen. Für uns ist eines der spannendstenKI-Anwendungsfelder aktuell die Kundeninteraktion und dieIndividualisierung der Kundenerfahrungen – etwa im Feld Voicification. Es geht uns darum, mithilfe von KI für jede Kundinund jeden Kunden maßgeschneiderte Dialoge, Produkt- undDienstleistungserfahrungen anbieten zu können. Dabei ist unsder vertrauensvolle und transparente Umgang mit den Datenunserer Kundinnen und Kunden besonders wichtig.“JAN HOFMANN, VP Top Program Lead AI Deutsche TelekomKI-Startups StartupsIndustrie 4.0KI-Startups StartupsInternet of ThingsKI-Startups StartupsTelekommunikationEigene Auswertung Deutscher Startup Monitor 2021Was Roboter in der Industrie zukünftigkönnen, zeigt die jüngst zum Unicorn aufgestiegene Ausgründung Agile Robotics ausMünchen: Die Kombination moderner Sensoren und optimierter Software soll die Industrie-Robotik mit Hilfe von KI auf die nächsteStufe heben. Gerade der Bereich Industrie 4.0ist für KI-Startups in Deutschland besonderspotenzialreich. Während Innovationsprozessein der etablierten Wirtschaft aufgrund starrerStrukturen und des Fokus auf bestehendeGeschäftsmodelle Jahre oder sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen, setzen StartupsNeues wesentlich schneller und umfassender14um. Diese Geschwindigkeit und das disruptivePotenzial sind entscheidende Wettbewerbsfaktoren in der digitalen Transformation. Diedamit verbundene wirtschaftliche Bedeutungzeigt sich bereits heute: So arbeiten aktuellrund 415.000 Menschen in Deutschland inStartups und Scaleups, was etwa 1 % derGesamtbeschäftigung entspricht. Auf diezukünftigen Potenziale verweist der Anstiegum 55 % in den letzten beiden Jahren undder Vergleich zu den USA, wo bereits gut 8 %der Beschäftigten in diesem Sektor arbeiten(Roland Berger et al. 2021).15

FALLBEISPIEL:KI IN DER BILDUNGVon einem auf den anderen Tag kein Präsenzunterricht mehr – die Corona-Pandemie hatunser Bildungssystem erheblich gefordert:Plötzlich brauchte es flächendeckend virtuelle Klassenräume, Lehrerinnen und Lehrermussten sich auf neue Formate einstellen undFamilien wurden in ihrem Alltag vor enormeHerausforderungen gestellt. Doch was ausdieser Zeit wird bleiben? Seit langem gilt daspersonalisierte Lernen als Ideal im Klassenzimmer. Angesichts großer und meist heterogener Gruppen ist die Umsetzung jedoch eineechte Herausforderung. Digitale Angebotekönnen hier helfen, den Bildungsalltag zu verbessern, sei es durch individualisierte Lernformen, organisatorische Unterstützung oderörtliche sowie zeitliche Flexibilisierung.Bei der Entwicklung und dem Einsatz dieserneuen Anwendungen liegen wir in Deutschland allerdings weit zurück, was in der CoronaPandemie mehr als deutlich wurde. Dabei sindauch die wirtschaftlichen Potenziale digitalerAnwendungen im Bildungsbereich enorm: Angebote und Nutzung sind international in denletzten Jahren rasant gewachsen und aktuelleSchätzungen zeigen, dass das Marktvolumenim Bereich Education-Tech von aktuell knapp230 bis 2025 auf über 400 Milliarden US-Dollar steigen wird (Dealroom 2021b).Diesen Wachstumsmarkt entdecken auchStartups immer stärker: Weltweit gibt es indiesem Sektor inzwischen 37 Startups, dieden Unicorn-Status erreicht haben – überwiegend aus den USA (20) und China (14).1616Von den weltweit 7,2 Milliarden Euro VC-Investments im ersten Halbjahr 2021 flossenaber nur 105 Millionen Euro nach Deutschland(Dealroom 2021b). Doch gerade diese Startups treiben Innovationen voran, indem sie relevante technologische Trends aufgreifen undfür den Bildungssektor zugänglich machen.Eine zentrale Rolle spielt dabei der Einsatz vonKI-Lösungen.Die Möglichkeiten, KI-Technologien in der Bildung zu nutzen, konzentrieren sich vor allemauf das individualisierte und adaptive Lernen.Dabei werden neben Text- zunehmend auchSprach- und Bilddaten genutzt, was neueAnwendungsgebiete eröffnet – etwa beimErstellen von Grafiken in der Mathematik undden Naturwissenschaften. Darüber hinausexistieren auch bereits Anwendungen, dieMimik, Gestik und Verhalten der Lernenden inden Prozess mit einbeziehen. Gerade in diesem Feld wird das Thema Ethik und die Fragenach den Grenzen von KI im Bereich Bildunghöchst relevant – Transparenz und Vertrauensind dabei entscheidende Faktoren.mit einer Finanzierung in Höhe von 175 Mio.US-Dollar durch SoftBank jüngst für Aufmerksamkeit. Europa und Deutschland liegensowohl bei der Forschung zu entsprechendenTechnologien als auch bei der Umsetzung infunktionierende Geschäftsmodelle weit hinterdiesen großen internationalen Wettbewerbern zurück (Schmid et al. 2021).Gleichzeitig zeigt sich auch im DACH-Raumin Sachen EdTech jüngst Bewegung: Eines derbekanntesten deutschen Startups in diesemFeld ist StudySmarter, das durch umfassendeKooperationen mit Lehrbuch-Verlagen undSchulen ein fächerübergreifendes Angebotim Bereich des adaptiven Lernens bietet.In Österreich ist mit GoStudent nach einerhohen Series-C-Finanzierungsrunde im Juni2021 nun sogar das bisher erste europäischeEdTech-Unicorn beheimatet. Während andereEdTech-Startups mit dem Begriff KI in derÖffentlichkeit eher vorsichtig umgehen, wirbtGoStudent explizit mit dem Ziel, den OnlineNachhilfeunterricht mithilfe von KI transparenter als bisher zu gestalten. Dazu werdensowohl Schülerinnen und Schüler als auchdie Lehrenden gefilmt und auf Grundlage vonEmotionen dahingehend analysiert, was einenerfolgreichen Unterricht auszeichnet.Bei der Digitalisierung der Bildung haben wir inDeutschland weiterhin einen immensen Aufholbedarf – auch weil viel zu spät angefangen wurde,das Thema ernst zu nehmen. Nicht nur digitale Lernmittelfehlen, sondern vor allem auch die notwendigen Kompetenzen.In der Corona-Krise wurde das schonungslos offengelegt undes kam am Ende auf die einzelne Lehrkraft an, wie schnell undumfassend umgestellt werden konnte. Um unser Bildungssystem in der Zukunft gut aufzustellen, müssen wir Innovationen,auch solchen mit Zukunftspotenzial wie KI, offener begegnenund Neues ausprobieren. Das heißt aber nicht, Risiken zuignorieren, sondern die Wirkung digitaler Angebote umfassendzu bewerten. Ein Fokus sollten dabei die pädagogisch-didaktischen Konzepte sein, die wir digital unterstützen wollen.“DR. EKKEHARD WINTER, Geschäftsführer Deutsche TelekomStiftungInternational sind auch hier China und die USAführend. Prominentes Beispiel ist der 2014gegründete chinesische Anbieter SquirrelAI,in dessen Nachhilfezentren nach eigenenAngaben über 10 Millionen Schülerinnenund Schüler bis zur landesweiten Hochschulzulassungsprüfung geführt werden. Auchdas südkoreanische Startup Riiid, das Standheute knapp 2,5 Millionen Menschen auf dieEnglischprüfung TOEIC vorbereitet, sorgte17

hat das Ziel, eine Bewertung von über einerMilliarde Euro zu erreichen. Bemerkenswertist außerdem, dass 35 % der exit-orientiertenKI-Startups (25 % Startups allgemein) einenBörsengang als mögliches Exit-Szenario vorAugen haben. Auch für das Ökosystem insgesamt ist das eine gute und wichtige Nachricht,denn genau hier kann der Wunsch nach mehrdeutschen Tech-Champions Realität werden.2.2. MINDSET, FINANZIERUNG UNDWACHSTUMNeben der klaren Ausrichtung auf Deep-TechAnwendungen zeichnen sich die Gründerinnen und Gründer der KI-Startups durch einambitioniertes Mindset aus. Sie streben wesentlich häufiger einen Exit an als Startups imAllgemeinen und denken dabei größer – fastjedes fünfte der befragten KI-UnternehmenAbb. 5: Exit- und Unicorn-AmbitionenKein Exit angestrebtunter 100 Mio. Euro100 Mio. Euro bis unter 1Mrd. Euroüber 1 Mrd. Euro41,4 %30,6 %34,2 %24,1 %15,9 %17,2 %8,6 %Eigene Auswertung Deutscher Startup Monitor 2021Dass die dargestellten Erwartungen keineLuftschlösser sind, zeigen die steigendenInvestitionssummen und die damit verbundenen Unternehmensbewertungen. So konntedas KI-Startup Celonis im Juni 2021 die bisherige Rekordfinanzierung in Höhe von1 Milliarde US-Dollar realisieren und stiegmit der Bewertung von 11 Milliarden USDollar zum ersten deutschen Decacorn auf.Vor dem Hintergrund der generell positiven1828,1 %KI-StartupsStartupsEntwicklung im Bereich Finanzierung lässtsich mit den DSM-Daten ein differenziertesBild der Finanzierungssituation von KI-Startups darstellen (Abb.6): Hervorzuheben ist diebreite staatliche Förderung, die in den frühenPhasen relevant ist und von der fast jedeszweite Unternehmen profitiert. Mit Blick aufdie erhaltene Wachstumsfinanzierung in Formvon Wagniskapital liegen die KI-Startups allerdings nur leicht über dem allgemeinen Schnitt.19

Hinzu kommt, dass die Finanzierungslücke,also die Differenz zwischen bevorzugtem underhaltenem Kapital, höher ausfällt. Das bedeu-tet, dass sich die größeren Wachstumsambitionen der KI-Startups nicht in gleichem Maßein den Investments widerspiegeln.Märkte beschränken. Die Themen Wachstumund Internationalisierung werden damit vielAbb. 7: KI-Startup-Finanzierung im internationalenVergleichAbb. 6: Relevante Startup-Finanzierungen im Vergleich51,9 %49,8 %49,7 %43,2 %INVESTMENTS IN KI-STARTUPS(IN MRD. US-DOLLAR)52,9 %47,6 %47,1 %42,2 %41,4 %23,619,919,8 %10,815,4 % 15,0 %Eigene Auswertung Deutscher Startup Monitor 2021Dieses Finanzierungsdefizit und die damit verbundene Wachstumsbremse sind im internationalen Vergleich besonders sichtbar: ProKopf wird im Powerhouse Israel etwa 19-malund in den USA noch 10-mal so viel in KIStartups investiert wie in Deutschland. Bemerkenswert ist, dass der Abstand in der Höhe derVenture-Capital-Investitionen mit Blick aufdie Startup-Landschaft insgesamt geringerausfällt und in diesen beiden Ländern gegenüber Deutschland pro Kopf nur 4- bis 5-mal sohoch ist (Dealroom 2021a). Während Investierende hierzulande beim Deep-Tech-Thema KI20ErhaltenKI-Startups StartupsStrategische 520162017also noch vergleichsweise zurückhaltend sind,zeigen die Zahlen in Israel und den USA, dassdie Chancen im Bereich KI vor allem an Innovationsstandorten und in Startup-Hotspotserkannt werden. In Deutschland und Europahaben heimische Startups dagegen wenigerSpielraum für das Unternehmenswachstumbeziehungsweise werden Anreize in dieseRichtung weniger stark gesetzt. Das hat zurKonsequenz, dass Unternehmen tendenziellkleiner bleiben, die Perfektionierung des Produkts anstatt dessen Skalierung in den Fokusrücken und sich auf regionale oder nationaleUSAChina19 x10 x7 US-Dollar10,39,97 US-Dollar6 US-Dollar6,14,8KI-Startups StartupsVenture Capital12,6133 US-Dollar71 US-Dollar15,622,9 %KI-Startups StartupsBusiness AngelInvestitionen pro Kopf 202042,5 %31,8 % 30,1 %KI-Startups StartupsStaatl. Fördermittelseltener adressiert und vorhandene Potenzialesomit nicht on Deutschland2.3. DIVERSITÄT IM KI-ÖKOSYSTEMTalente, also sowohl Gründerinnen und Gründer als auch Mitarbeitende, sind eine weitere,wenn nicht die zentrale Ressource für dasÖkosystem. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist das Thema Diversität: Erstens,um das gesamte Potenzial an motivierten undqualifizierten Köpfen zur Verfügung zu haben;zweitens steigern diverse Teams die Bandbreite inhaltlicher Impulse und fördern so dieKreativität in jedem Unternehmen. Der drittePunkt – gerade im Bereich KI: AlgorithmenQuelle: Zhang et al. (2021)treffen Entscheidungen, die sich auf unserLeben auswirken, weshalb die Entwicklungdieser gesellschaftlich relevanten Technologienicht einer homogenen Gruppe überlassenwerden darf.Insbesondere zum Migrationshintergrundsowie Frauenanteil liegen belastbare Informationen vor: Der Anteil der Gründerinn

100 90 80 ERWARTETES ZUSÄTZLICHES WACHSTUM DURCH KI (IN BILLIONEN US-DOLLAR) Quelle: McKinsey Global Institute (2018) & PwC (2018) 15,7 Billionen US-Dollar 13 Billionen US-Dollar