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!TAL180 SEITEN DAS MAGAZIN FÜR KLASSISCHE SPIELE4/2022September, Oktober,November 20224/2022180 Seiten KLASSIKER-SPIELE FÜR HOME-COMPUTER, KONSOLEN & PCsDeutschland @ 12,90Österreich@ 14,20Schweizsfr 25,80Luxemburg@ 14,8540 JAHREZX SPECTRUMHARDWARE& SPIELEMehr Features, Lost Levelsund bessere Grafik: Die Sammlungvereint Remasters von Sonic 1,Sonic 2, Sonic CD und Sonic 3PLUS:& KnucklesKing Kong Blade Runner The Terminator Luigi’s Mansion Counter-Strike Loom Metroid Prime The Incredible Machine Hunter Super Cars II Ecco the Dolphin Novastorm Donkey Kong 3 Pang Shogun: Total War Propeller Arena Red Faction Flipper (VC 4000) P okémon Fire Red P okémon Leaf Green Beyond Good & Evil Back to Skool Krull P rofessional Ski Simulator Akalabeth Major Havoc T he Legend of Zelda –The Wind Wakeru. v. m.SIMPSONS: HIT & RUNUnter Mitwirkung der TV-Serien-Macherentstand eine urkomische Open WorldWIPEOUTDas SF-Rennspiel war die PS1-LaunchGranate – wir stellen die ganze Serie vorBUBBLE BOBBLE IIWieso Bubble Symphony nochbesser war als der geniale erste Teil

AnatolLockerWillkommen bei Retro Gamer orsterIch begrüße euch offiziell zur HochsommerAusgabe von Retro Gamer. Zwar ist nichtsunsicherer, als in einem Print-Editorial aufs aktuelle Wetter Bezug zu nehmen – zwei oder dreiWochen später, wenn die werten Rezipientenes dann lesen, kann sich die Witterung längstgedreht haben. Aber sollten die Thermometerauch Mitte August noch über 30 Grad undmehr anzeigen, und das ist nicht unwahrscheinlich, habe ich richtig geraten.Ich möchte euer subjektives Temperaturempfinden nun nicht dadurch weiter ankurbeln, dassich euch „heiße“ Inhalte in Aussicht stelle. ImGegenteil, wir haben zur Abkühlung extra denProfessional Ski Simulator der Oliver-Brüdermit ins Heft genommen. Aber dennoch glaubeich, dass der aktuelle Retro Gamer zu weitmehr taugt als zum Behelfs-Sonnenschutz –wobei unser ja recht dickes Heft auch diesenSekundärnutzen vortrefflich erfüllen sollte.Das fängt schon bei der Titelstory an: Auchwenn man über Segas Geschäftstüchtigkeit beiSonic Origins (zig zunehmend teure Versionenmit diversen Bonusinhalten) die Nase rümpfenkann, die vier Remaster-Versionen der klassischen Mega-Drive-Serienteile sind gelungen,enthalten teils neue Levels oder Komfortfunktionen aus späteren Inkarnationen.Spielen wie Super Cars II (Amiga) oder Backto Skool. Aber auch ein Report zu den jüngstpublik gewordenen Ultima- und AkalabethFälschungen ist für euch gedacht.PC-Freunde vergessen wir natürlich auch nicht,für euch gibt es unter anderem Artikel zu PCSpiele-Restaurierern, Shogun: Total Warund Red Faction. Dazu kommen wieder vieleArtikel unserer deutschen SpielejournalistenVeteranen wie Stephan Freundorfer, RolandAustinat, Michael Hengst, Winnie Forster undHarald Fränkel.Bevor ich nun gleich wieder meinen Kopf in dengeöffneten Kühlschrank stecke, wünsche icheuch: Viel Spaß beim Lesen!Euer Jörg LangerExterne Projektleitung Retro GamerSega-Software lässt euch eher kalt? Danngebt mit uns Gas in WipEout, dem großenPlayStation-Zukunftsraser. Wir zeichnen die Entwicklung der Serie nach, bis hin zur aktuellenMobilspiel-Travestie, die mit dem Kern der Serienichts mehr zu tun hat.Für Nintendo-Freunde haben wir unter anderemden Schwerpunkt Top 25 der GameCubeSpiele, aber auch eine Betrachtung des ungewöhnlichen Serienteils Donkey Kong 3.Ihr seht euch eher im Homecomputer-Lager?Dann ist bestimmt unsere 14-Seiten-Streckezu 40 Jahre ZX Spectrum interessant füreuch, inklusive jährlicher Aufschlüsselung derTop-Spiele und Top-Trends. Oder Artikel zuRETRO GAMER 4/2022 3

INHALT 4/2022September, Oktober,November 2022RETRO-HARDWARE. VON BRANDNEU BIS STEINALT010052090150026032Für Liebhaber von klassischen SpielenTITELTHEMA:SONIC ORIGINS038040Wir fühlen Segas aktueller RemasterSammlung auf den ZahnSonic the HedgehogMAKING OFThe Terminator084068Super Cars II158Kinderkrankheiten wurden auskuriert042Sonic the Hedgehog 2044Sonic CD046Sonic 3 & Knuckles120Red Faction140KrullMichael Hengst reist erneut durchs magischeMusik-Adventure von Lucasfilm Games144The Simpsons: Hit & RunObwohl er eigentlich auf Amiga spielte, zogPang Stefan Freundorfer oft in die Arcade152Major HavocHarald Fränkel vergleicht seinen damaligenEindruck vom Atari-Modul mit dem heutigen162HunterVorgerenderte 3D-Grafik direkt von der CDabgespielt – Winnie Forster war begeistert168Professional Ski SimulatorDer Mega-CD-Ableger führte zur Retro EngineRETRO-REVIVAL030LoomPang066King Kong088Novastorm132150Beyond Good and EvilAnatol Locker begab sich erneut in dieebenso skurrile wie ansprechende SF-WeltFlipper (VC 4000)Roland Austinat erinnert an die einzigedeutsche Konsole und einen ihrer Top-Hits024Creative Assembly hatte bislang Sportspieleportiert – und schuf eine Genre-RevolutionAuf dem Mars flogen Fetzen und Brocken:Die Levels waren weitgehend zerstörbarEin seltsamer Fantasy-Film aus den 80ernwar die Vorlage dieser Minispiel-SammlungSpringfield als Map, bizarre Vehikel und verrückte Charaktere – Radical schuf einen HitHARDWARE / PLATTFORM010052090082104124Jörg Langer hat in der Westwood-Umsetzung seines Lieblingsfilms Replikanten gejagt076Donkey Kong 3172Counter-Strike074Incredible Machine118Pokémon Feuerrot & BlattgrünWas wurde aus Propeller Arena?098106118134162Die PC-Spiel-RestauriererWir haben mit den Nightdive Studiosüber ihre vielen Remasters gesprochenLOAD "NEUES SPIEL",8,1Harald Fränkel stellt wieder aktuelleSpiele für uralte Systeme vor,darunter Atari und C64106WipEoutRätselspiel mit Suchtgarantie: Der Bildschirmals Bastelbogen für komplexe MaschinenPfeilschnelle Echtzeit-3D-Grafik: Bei WipEoutließ die PlayStation ihre Muskeln spielenRUBRIKEN134Back to Skool0031761784 RETRO GAMER 4/2022074Full Set: SuperGrafx-TitelWinnie Forster zeichnet den Erfolgsweg derehemaligen Half-Life-Mod nachMichael Hengst hat sich erneut in die Büschegeschlagen, um Taschenmonster zu fangen068Eine besonders exklusive Komplettsammlung stellt Winnie Forster dieses Mal vorEin friedliches Meeresäugetier als Held ineinem ziemlich kniffligen Unterwasser-SpielDer hierzulande fast unbekannteNachfolger zu Skool Daze legte nocheine Chaos-Schippe drauf090Falsches Spiel mit Retro-GamesViele Dreamcast-Fans freuten sich darauf,doch dann kam das Konsolen-Aus126050050Top 25: Game-Cube-SpieleTobias Hübner hat zum Fälschungsskandalrund um Akalabeth und Ultima recherchiertEcco the DolphinEin Donkey Kong ohne KlempnerMario? Das war nur eine der Überraschungen von Teil 3038FÜR SAMMLER & GENIESSER058Blade Runner008Einmal mehr haben wir uns getraut, die25 besten Spiele einer Plattform zu kürenDer einst indizierte Titel sorgte für Aufregung– doch wie hat er sich spielerisch gehalten?Raid over MoscowEgret II MiniDiese Mini-Emulator-Konsole hat eineBesonderheit: einen drehbaren BildschirmBubble Bobble II: Bubble SymphonyEigentlich war das geniale Bubble Bobblenicht steigerbar. Dem Nachfolger gelang es!40 Jahre ZX SpectrumWer schon immer wissen wollte, wieso derSpeccy in UK so ein Riesending war, erfährtes hier – samt Jahres-Trends und Top-HitsEin Ski-Urlaub der Oliver-Brüder führte zudiesem bockschweren Abfahrt-„Simulator“HISTORIE &EXPERTENWISSENNu Wave SoftwareDas Label von Publisher CRL lebte nur kurz,sorgte aber für besonders kreative ReleasesVier Jahrzehnte nach dem Release habender Schöpfer und ein Fan das Spiel vollendetVon wegen GTA: Das wohl erste OpenWorld-Actionspiel mit Vehikeln war HunterCapstoneDer britische Low-Budget-Publisher brachteeinige der miesesten Spiele der 90er heraus032KLASSIKER-CHECK008Amiga-Raser frohlockten, denn der zweiteTeil war noch rasanter als der ersteShogun: Total WarAuch der Fan-Favorit erhielt ein Remaster006Wie David Perry an die Film-Lizenz kam undsie für Sega-Konsolen umsetzte098Lost Level nun offiziell hau, Impressum144

LUCASARTS’ WUNSCHKONZERT» PUBLISHER: LUCASFILM GAMES LLC» ERSCHIENEN: 1990» HARDWARE: M S DOS, ATARI ST, AMIGAVon Michael HengstEnde der 80er und in den frühen 90er Jahren des vorigen Jahrhun derts hatten die Macher von Lucasfilm Games die AbenteuerspieleFangemeinde fest im Griff. Nach dem fantastischen Indiana Jonesund der letzte Kreuzzug erschien im gleichen Jahr mit The Secret ofMonkey Island eines der wohl beliebtesten und bekanntesten Grafik abenteuer der letzten 50 Jahre. Kurzum: Lucasfilm Games wurdezum Synonym für das Genre der Point-and-Click-Adventures und galtals Siegel für Qualität, tolle Storys, Humor und furiose Knobeleien.Etwas abseits vom klassischen Mainstream-Abenteuer gab esdann noch Loom. Das von Ex-Infocom-Designer Brian Moriarty geschriebene musikalische Fantasy-Adventure war so ganz anders alsdie Rätselkollegen. Es gab keinen einzugebenden Text oder bekannteBefehle aus einer Liste von Kommandos. Das komplette Spiel wurdevollständig mit der Maus gesteuert, statt Texteingaben gab es Musik.Ja, wirklich: Puzzles wurden mit einer Abfolge von vier Noten gelöst.Zu Beginn standen nur die Töne c, d und e zur Verfügung. Später umfasste die Tonleiter acht Noten, wobei weitere Töne teilweiseerst durch das Lösen von Rätseln „freigeschaltet“ werden mussten.Minimalismus pur: Es gab kein Menü, kein Inventar, keinen Text. KeinePuzzle-Items. Und das Notensystem hatte durchaus seine Tücken, auchmit dem einstellbaren Schwierigkeitsgrad: Im leichtesten Modus wurden Töne auf dem Bildschirm angezeigt, in der schwersten Einstellungmusste man sich die Abfolge nicht nur merken, sondern auch nachGehör wieder abspielen, weil die Notenanzeige fehlte.Zudem besaßen zahlreiche Musikstücke zwei gegensätzlicheEffekte, die im Spiel für Puzzles genutzt wurden. So konnte mit einerNotenfolge Stroh in Gold verwandelt werden. Mit der umgekehrtenAbfolge dann logischerweise Gold in Stroh. Einige Puzzles erfordertenzudem eine Abfolge von mehreren Musikstücken. Ein Beispiel (AchtungSpoiler): Im Spielverlauf trifft man auf einen Drachen, der es sich aufseinem Goldhaufen gemütlich macht. Besagter Drache erzählt freimütig,dass er Angst vor Feuer hat. Das Puzzle funktioniert also wie folgt: MitMusikstück A verwandelt man das Gold in Stroh und mit Musik B wirdder Drache in einen tiefen Schlummer versetzt. Er schnarcht laut vorsich hin, setzt damit das Stroh in Brand, wacht auf und sucht das Weite.Insgesamt gibt es 16 Musikstücke aus jeweils vier Tönen, plusrund ein Dutzend Reverse-Effekte. Leider täuscht die Anzahl an magischen Musikstücken nicht über die überschaubare Länge des Spielshinweg: Loom ist kurz. Sehr kurz. An einem Wochenende hatten diemeisten Tüftler das Spiel durch. Ein Kritikpunkt, der schwer auf dieWertungen drückte – im damaligen Meinungskasten aus der PowerPlay 7/90 meckerte ich dann auch ordentlich los: „Loom ist eher einspielerischer Film als ein reines Spiel, aber diese Art von Programmkommt für meinen Geschmack fünf Jahre zu früh.“Und ich hatte (leider) recht, denn heute zeigt sich, dass Loom seiner Zeit zu weit voraus war. 32 Jahre nach dem Original-Release hatteich, das gebe ich gerne zu, mit dem Spiel meinen Spaß und konnteerst jetzt die schlichte, aber auch geniale Einfachheit von MoriartysWerk wirklich würdigen. Die Fantasy-Story um den magischen Weberknecht Bobbin Threadbare, der den Rest seiner Webergilde finden will,ist humorvoll umgesetzt, witzig und vor allem optisch ein Hingucker(besonders für damalige Verhältnisse). Hauptakteur ist natürlich heutewie damals die Akustik. Die von Tschaikowskis „Schwanensee“ inspirierte Vertonung kam damals durch eine sündhaft teure Roland MT32erst so richtig zu Geltung. Heute sind eine komplette Sprachausgabeund Konzertmusik ja Standard. Ich finde es schade, dass Loom eineEintagsfliege blieb, denn ursprünglich war eine ganze musikalischeTrilogie geplant.6 RETRO GAMER 4/2022» RETRO-REVIVALLoom

K L A SSIK E R- CH ECKFÜNF IST TRÜMPFACHTUNG, FEINDBESCHUSSAb ins Cockpit!Im Tiefflug gen Osten8 RETRO GAMER 4/2022Von Roland AustinatHAGEL UND GRANATENAtomraketen? Nein danke!Weg frei dank MörserbeschussIm nächsten Minispiel warten vier Raketenbasen in Leningrad,Kiew, Minsk und Saratov auf uns. In jeder stehen eine primäreund vier sekundäre Abschussanlagen. Die Zerstörung der pri mären stoppt weitere Atomraketenstarts und bringt uns zurückin den Hangar, die vier sekundären liefern Punkte und Extra leben. Alle fünf schießen auf uns – genau wie ein Abfangjäger,der uns wild feuernd auf die Pelle rückt. Wer sagt, es sei leicht,die Welt zu retten?Sind alle vier Basen Geschichte, tauschen wir unser Flugzeuggegen einen Mörser ein, denn Bruce Carver verlegte das Ver teidigungsministerium ins Staatliche Historische Museum amRoten Platz. Wir wollen hinein, doch daran wollen uns Scharf schützen, Panzer und Geschütze hindern. Eine gut gezielteGranate stoppt die Verteidiger und öffnet den Weg ins Gebäude.Wer gut zielt, schießt im richtigen Moment eine Turmspitze ab,die dann auf den Panzer stürzt.LET’S GO WEST!roboterbetriebener (!) Atomreaktor (!!), den wirim großen Finale des Spiels in die Luft jagen(!!!) müssen – einen solch hanebüchenen Unsinntrauten sich nicht mal die Drehbuchschreiber vonRambo 2 (1985) oder Red Heat (1988).Im Jahr 2010 flog Raid over Moscow vonder Indizierungsliste der Bundesprüfstelle. Mankönnte nun vermuten, dass den Beamten 25Jahre später aufgefallen war, dass die PixelAction bei „älteren Jugendlichen“ doch nichtzu Nebenwirkungen wie „physischer Verkrampfung, Ärger, Aggressivität, Fahrigkeit im Denken,Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzenund anderen“ geführt hatte. Angesichts hyperrealistischer Tötungssimulationen, die heute beiTreffern teils Röntgenbilder vom Kugeleintrittspunkt zeigen, eine nachvollziehbare Vermutung.Aber weit gefehlt: Es handelte sichschlicht um eine automatische Listenstreichungnach §18, Abs. 7, Satz 2 des deutschen Jugendschutz-Gesetzes. Und angesichts der heutigenWeltlage mussFrageerlaubt sein, wo einVondieHeinrichLenhardtSpiel aufhört und die Propaganda beginnt. Vonden Opfern und den Folgen eines thermonuklearen Weltkriegs beziehungsweise eines havarierten Atomreaktors fehlt in Raid over Moscowschließlich jede Spur.TRON IN MOSKAUD1985 ein beziehungsweise setzte ihn auf ihre berühmte Indizierungsliste. Über Schulhofkopierkanäle verbreitete sich Raid over Moscow dennochzielsicher durch die ganze Republik – sogar in derDDR, wo die Staatssicherheit es als „besondersmilitaristisch und inhuman“ geißelte. In Finnland kam es nach einer Parlamentsanfrage sogarzu einer diplomatischen Krise mit der Sowjetunion. Eine bessere Werbung hätte sich selbstBruce Carver nicht ausdenken könne: Raid overMoscow stand daraufhin sieben Monate an derSpitze der finnischen C64-Charts.Inhaltlich handelt es sich bei dem Spielwie schon bei Beach-Head um eine Sammlungvon Minispielen. Los geht’s in einer Raumstation, dem orbitalen Hauptquartier der StrategicAir Command der USA. Dort nehmen wir unsins Cockpit eines Stealth-Flugzeugs Platz undsteuern es aus dem Hangar. Damit geht es dannins Feindesland, wo wir im Tiefflug mit einerFlughöhe von bis runter auf sensationelle zweiMeter dem sowjetischen Abwehrfeuer ausweichen. Anschließend gilt es, zahlreiche Raketen silos zu zerlegen – auch wenn ja eigentlich schondiverse nordamerikanische Städte Besuch bekommen (haben).Sind die Silos Geschichte, wechselt dasSpiel ins namensgebende Moskau. Hier stehenwir mit einem Mörser bewaffnet vor dem Staatlichen Historischen Museum. Dass sich das russische Verteidigungsministerium wohl ganz sichernicht dort befindet, überirdisch und ungeschützt?Geschenkt. Es kommt noch „besser“: Zwei Jahrevor Tschernobyl bedient Bruce Carver nonchalantdie Angst vor einer nuklearen Katastrophe. Einmal ins Gebäude gelangt, finden wir dort einenVor dem Ballern auf die Raketensilos steht ein Hindernispar cours. Wir müssen in einer an den seinerzeit ebenfalls indizier ten Klassiker Blue Max erinnernden Sequenz in Bodennähe inRichtung der Abschussbasen düsen. Das schmeckt den Vertei digungsstreitkräften der UdSSR nicht, die uns mit Panzern, Hub schraubern und Cruise Missiles (!) den Garaus machen wollen.Eine Generation von Spielern weiß: Joystick nach hinten ziehenhebt das Flugzeug in die Luft.SILO-SIGHTSEEINGDie Übersichtskarte zum Spielstart erinnert an Beach-Head:Sie zeigt die Ziele der sowjetischen Atomraketen nebst Ein schlagszeitpunkt. Zeit, ein bis fünf Stealth-Flugzeuge sicher ausdem Hangar zu bugsieren. Das ist nicht so trivial, wie es klingt:Viele Weltenretter scheiterten daran, im richtigen Moment dieHangarschleuse zu öffnen. Idealerweise bugsieren wir gleichmehrere Flieger ins All, um nicht bei einem Abschuss erneutZeit im Hangar zu vertrödeln.ie UdSSR hat zahlreiche Atomraketen gestartet. Ihr Ziel: Großstädte inden USA und Kanada. Da westlicheNuklearwaffen in Übereinstimmungmit dem SALT-IV-Abkommen abgerüstetwurden, glauben die Sowjets, auf dieseWeise die totale Weltherrschaft zu erlangen.“Nein, diese markanten Worte servieren unsnicht die neuesten Nachrichten, sondern dieVerpackung von Raid over Moscow. Historisch versierte Leser haben vermutlich schonbeim SALT-IV-Abkommen gestutzt – das hates schließlich nie gegeben. Den Kalten Krieggab es sehr wohl: Access Software nutzte1984 den geopolitischen Hintergrund für einen actionlastigen Sturm auf Moskau.Raid over Moscow war der inoffizielle Nachfolger von Beach-Head, das der amerikanischeEntwickler Access Software 1983 veröffentlichthatte. Ging es in Beach-Head gegen einen fiktiven Westentaschendiktator, griff Designer BruceCarver ein Jahr später die damalige Weltlageauf: Die Sowjetunion war in Afghanistan einmarschiert, hatte den Olympischen Sommerspielenin Los Angeles (nach dem westlichen Boykott derSommerspiele 1980 in Moskau) die kalte Schultergezeigt und obendrein noch eine voll besetztekoreanische Linienmaschine auf falschem Kursabgeschossen. Währenddessen zogen Schülerund Studenten nach Bonn, um gegen die Stationierung von Atomraketen auf deutschem Bodenzu protestieren.So war dem Spiel vor allem eins gewiss:große Aufmerksamkeit. Große Verbreitung erfuhres nicht, denn die damalige Bundesprüfstelle fürjugendgefährdende Schriften kassierte den TitelDENKWÜRDIGE» SPEEDBALL 2: BRUTAL DELUXE» SPEEDBALL 2: BRUTAL DELUXEReaktor-Roboter-ZielschießenFreiheit und AbenteuerDer wohl absurdeste Teil des Spiels findet im Atomreaktor desVerteidigungsministeriums statt. Wir müssen ein paar Robotererledigen, die den Reaktor mit Kühlmittel versorgen. Dazu wer fen wir eine Art Frisbee in Richtung der Roboter. Die sind ob derStörung etwas ungehalten und beginnen schon bald damit, aufuns zu ballern und ihre Arbeit zu vernachlässigen. Also Beei lung, damit wir noch vor der Kernschmelze heil aus dem Reaktorentkommen können.Raid over Moscow besitzt sogar einen echten Abspann: Ge lingt es uns, den Atomreaktor zur Kernschmelze zu bringenund rechtzeitig ins Cockpit zu klettern, fliegen wir durch denstrahlend blauen Himmel gen Westen, während Moskau vonExplosionen geschüttelt wird. Geht der Reaktor mit uns hoch,erscheint eine alternative Agenturmeldung. Wen interessiertda ein verstrahltes Europa, wenn der „American Way of Life“durch unseren Einsatz gesichert wurde?MOMENTEFAKTEN» PLATTFORM: APPLE II, ATARI 8-BIT,BBC MICRO, COMMODORE C-64,ENTERPRISE 128, SCHNEIDER CPC,SINCLAIR ZX SPECTRUM» PUBLISHER: U.S. GOLD» ENTWICKLER: ACCESS SOFTWARE» VERÖFFENTLICHT: 1984» GENRE: ACTIONSPIELWas diePresse sagte Happy Computer 11/1985„Selbst wenn das Ganze grafisch nochso toll aufgemacht ist, bleibt es eineZumutung, wenn in einem ‚Spiel‘ Angehörige eines Volkes gezielt niedergemetzelt werden. Deswegen haben wirTitel wie Raid over Moscow und CastleWolfenstein in unserem Spiele-Teil stetsboykottiert. Wer sich das als Erwachsener unbedingt antun will, möge seineArmeen auf dem Bildschirm dirigieren.Doch bei einem 12-jährigen kann maneinfach nicht voraussetzen, dass er sichbewusst ist, was er mit dem Joystickanstellt.“ (Heinrich Lenhardt)Was wir denkenWir mögen heute über die simple Optik des immer noch recht schwerenRaid over Moscow schmunzeln, dasvor bald 40 Jahren Bundesprüfstelleund Redaktionen in Aufruhr gebrachthat. Außerdem gibt es heute deutlichrealistischere und brutalere Spiele,die echte Konflikte zum Schauplatzhaben. Doch der historische Kontext ist wichtig: Würde heute ein Spielnamens Raid over Kiev erscheinen,wäre das Aufsehen mindestens genauso groß wie damals.RETRO GAMER 4/2022 9

MAKING OFder kurz zuvor nach London gezogen war.„Ich war mit meinem Freund Chris Hinsley ineiner Stadt namens Kingston“, erinnert sichDavid. „Es regnete und wir beschlossen, insKino zu gehen. Da lief ein Film namens TheTerminator. Ich glaube, wir waren allein imSaal – und (Regisseur) James Cameron hatfast mein Gehirn zum Platzen gebracht. Ichhabe den Film absolut geliebt.“BEVOR DAVID PERRY MIT EARTHWORM JIM RIESIGE ERFOLGE FEIERTE,BRACHTE ER MIT EINEM KLEINEN TEAM JAMES CAMERONS TERMINATORAUS DEM JAHR 1984 AUF SEGA-KONSOLEN – UNGEFÄHR ZEITGLEICHZUM KINOSTART DES ZWEITEN TEILS.D» [Mega Drive] Das Spiel beginnt 2029– ohne Schusswaffe in der Hand.FAKTEN» PUBLISHER:VIRGIN GAMES» ENTWICKLER:PROBESOFTWARE» ERSCHIENEN:1992» SYSTEM:MEGA DRIVE,DIVERSE» GENRE:RUN-AN-GUN» [Mega Drive] Level 2 spielt im nächtlichen Los Angeles des Jahres 1984.26 RETRO GAMER 4/2022as Terminator-Franchise war1992 in aller Munde. Der Originalfilm war acht Jahre zuvor zu einem Überraschungserfolg geworden und hatteArnold Schwarzenegger als Hollywood-Actionstar etabliert. Terminator 2: JudgementDay hatte bei seinem Kinostart in Amerikaim Juli 1991 bereits mächtig die Kassenklingeln lassen. In europäischen Kinosstartete T2 im Oktober 1991. Dennoch veröffentlichte der britische Publisher VirginGames 1992 kein Spiel zum damals extrempopulären zweiten Teil, sondern eines zumOriginalfilm von 1984.Terminator war im Oktober 1984 inden US-Kinos, in den deutschen erst imMärz 1985 erschienen. Aufgrund seinerThematik war er geradezu prädestiniert füreine Videospiel-Adaption. Der Film handeltvon einer kriegerischen Zukunft, in der diekünstliche Intelligenz Skynet mit ihren metallenen Robotersoldaten die Menschheitauslöschen will. Doch die Menschen wehren sich und könnten das Blatt wenden –da schickt Skynet den Terminator, eine Tötungsmaschine in Gestalt eines Menschen,in die Vergangenheit: Er soll die Mutter desRebellenführers noch vor dessen Geburttöten, um damit in der Zukunft den Siegzu garantieren. Die Rebellen wiederum bekommen Wind von dem Plan und schickenden Soldaten Kyle Reese, um den Terminator zu stoppenMit einem Budget von nur 6,5 MillionenDollar begeisterte The Terminator das Pub likum, er spielte 79 Millionen Dollar ein undwurde zum Kultstreifen. Einer der vielen Millionen Zuschauer war David Perry, ein damals17-jähriger Programmierer aus Nordirland,» David Perry,Chefprogrammiererder Mega-DriveVersion.E» [Mega Drive] DieSchießerei in derPolizeiwache istebenfalls enthalten.in knappes Jahrzehnt späterhatte Perry eine Zeit lang beimbritischenSoftware-Unternehmen Mikro-Gen gearbeitetund daraufhin eine Positionals Spieleprogrammierer bei Probe Software übernommen. Probe, 1984 von Fergus McGovern gegründet, hatte sich in denspäten 80ern einen respektablen Ruf alsEntwickler von CPC-, C64- und SpectrumSpielen aufgebaut und wollte nun durchstarten. Mit Hilfe eines Lizenztitels sollte dergroße Durchbruch gelingen.„Fergus war ein Genie darin, Lizenzverträge in Großbritannien und den USAzu ergattern“, erinnert sich David. „Er hat»  WIR HATTEN NICHT DIE RECHTE,SCHWARZENEGGER IM SPIELEINZUBAUEN.« DAVID PERRYes auch geschafft, mir ein Mega-Drive-Entwicklungskit zu besorgen.“ Fergus fädelteeinen Deal mit der Film-Vertriebsgesellschaft Orion Pictures ein, um ein Spiel zuentwickeln, das auf dem Terminator-Filmvon 1984 basierte. Wie es für Lizenzspiele inder frühen 16-Bit-Ära üblich war, folgte derTitel inhaltlich den Ereignissen des Films.Er sollte von Virgin Games veröffentlichtwerden. Oder wie David es ausdrückt: „TheTerminator wurde uns wirklich auf einemSilbertablett serviert.“Die Entwickler von Probe Softwarewaren anfangs davon begeistert, an TheTerminator zu arbeiten. Noch im Jahr zuvor hatte das Team Teenage Mutant HeroTurtles für das NES geschrieben. Es wurdejedoch schnell klar, dass Orion Pictures einesehr konkrete Vorstellung von dem Spielhatte. Das schränkte die künstlerischenENTWICKLERHIGHLIGHTSTRANTOR: THE LAST STORMTROOPER (IM BILD)SYSTEM: ZX SPECTRUM, DIVERSEJAHR: 1987TEENAGE MUTANT HEROTURTLESSYSTEM: NES, DIVERSEJAHR: 1990DISNEY’S ALADDINSYSTEM: MEGA DRIVEJAHR: 1993KONVERSIONSKAPRIOLENDIE VERSCHIEDENENSEGA-VERSIONEN.MEGA DRIVEMASTER SYSTEM Ein mit vier Levels viel zu kurzer, aber stylischer Run-and-gunShooter, der sich an den Ereignissen des Films orientiert. Dienteals Grundlage für das spätereRoboCop versus The Terminator.SEGA MEGA-CD Die zusätzliche Speicherplatz-Power bedeutet mehr Levels, CD-Audiound (hoffnungslos mies) digitalisierteFilmschnipsel. Im Gegensatz zumRest stammt diese Version von VirginGames, nicht von Probe.GAME GEAR Orientiert sich ebenfalls an derFilmhandlung. Wegen der eingeschränkten technischen Möglichkeitenmuss man zum Beispiel auf das Terminator-Thema verzichten, wodurchdas Spiel an Authentizität einbüßt. Diese 8 Bit-Fassung bekam einengepfefferten Schwierigkeitsgrad. DieStimmung der Vorlage kommt auchhier gut rüber. Die Spielmechanikzeigt sich mit viel mehr PlattformAction deutlich verändert.RETRO GAMER 4/2022 27

MAKING OF: THE TERMINATORDER UNBARMHERZIGE KAMPF DER ROBOTER. The Terminator kam bei Kritikern nicht gutan, aber Publisher Virgin Games gab zwei Jahrespäter trotzdem grünes Licht für einen weiterenLizenztitel. RoboCop versus The Terminatorwurde von einem anderen Team intern bei VirginUSA programmiert und basiert auf der gleichnamigen Crossover-Comicbuchserie von FrankMiller und Walter Simonsen. Der Spieler wirdzum Roboter-Cop Alex Murphy, der versucht,Skynet aufzuhalten.Denn unglücklicherweise hat die Entwicklung des RoboCop überhaupt erst zu Skynetgeführt! Entsprechend hat es der Spieler alsomit einer vielfältigen Gegnerschar zu tun, zumBeispiel Menschen, T-800 und sogar RoboCopsklassischer ED-209-Einheit. Die Spielmechanik entspricht weitestgehend dem Vorgänger.Technisch legt der Titel aber deutlich zu: großeSprites, detaillierte Grafik (erwischt man einenGegner am Fenster, gibt das einen Blutfleck aufdem Vorhang) und treibende Electro-Beats.Ähnlich wie bei der Terminator-Lizenzim Jahr 1992 wurde RoboCop versus The Terminator auf mehreren Konsolen veröffentlicht, darunter Master System, Game Gear und auf demGame Boy. Auch für das Mega-CD wurde eineVersion geplant, aber leider nie realisiert. Möglichkeiten von David und seinen Kollegen deutlich ein. Es begann schon damit,welche Figur aus dem Film die Spieler übernehmen sollten: Michael Biehn als Kyle Reeseoder Arnold Schwarzeneggers Terminator?„Ich wollte unbedingt als Terminator spielen“, verrät David. Doch Orion warstrikt dagegen und ordnete an, dass stattdessen Kyle Reese, der am Ende des Filmsstirbt, die Spielerfigur sein sollte. Sie forderten auch, dass es nur einen Terminatorgeben sollte, der wie im Film erst am Endedes Spiels stirbt. David beschrieb dies als„enorm frustrierend“ für die Spieler: „Duspielst den, der am Ende ohnehin stirbt,und kannst den Feind nie besiegen.“Mittlerweile hatte die Fortsetzung den ersten Film auchinhaltlich erweitert. HätteOrion nicht einfach schondamals, also 1984, ein aufdem ersten Teil basierendes Spiel veröffentlichen können, anstatt erst viele Jahre später,als der zweite Teil schon im Kino lief?David hat eine Theorie dazu:„1984 nahmen die Filmstudios Videospiele nicht ernst. Sie galten alsMerchandise, so wie Kaffeetassen,T-Shirts oder Notizblöcke.“ Abgesehen davon gab es einen weiterenGrund: Bis 1988 hatte das dänischeUnternehmen Robtek die Lizenz fürTerminator-Spiele inne, ging jedochpleite, bevor ein Spiel veröffentlicht werden konnte. Und Mitte 1990schloss Bethesda Softworks einenVertrag mit der Hemdale Film Corporation, um The Terminator-Lizenzspiele zu entwickeln.Hemdale hatte den Film damals produziert, und Bethesda umging mit diesemDeal die Vertriebsgesellschaft Orion. ImSommer 1991 erschien ihr Terminator fürDOS. Warum Orion nicht wollte, dass dieSpieler in Probes Version den Terminatorsteuern, wurde auch bald klar. „Sie sagtenuns, wir hätten nicht die Rechte, Arnold indas Spiel zu integrieren“, so David.» [Mega Drive] Endkampf im letztenLevel, der Fabrik.28 RETRO GAMER 4/2022» [Mega Drive] Das Design der Gegner orientiertsich natürlich an der Filmvorlage.„Es gab nur ein Bild von ihm, das wirfür die Verpackung verwenden konnten. Also,wen spielen wir dann? Sarah Connor? Nein,es gab keinen Vertrag mit Linda Hamilton.Also blieb nur noch die Figur Kyle Reese.“Das Team versuchte, aus dieser Ausgangslage das Beste zu machen. Im erstenLevel des Spiels steuert man Reese in derZukunft, wo er ohne Schusswaffe Hordenvon Terminatoren bekämpfen muss. Lediglich Granaten kann er werfen. Erst derzweite Level steigt in die Filmhandlung ein,im Los Angeles des Jahres 1984. Über vierLevels hinweg orientiert sich The Terminator stark an der Zelluloidvorlage.Probe entwickelte das Projekt fürsMega Drive, eine Konsole, die damals fürüberragenden Sound und großartige Grafikbekannt war. Filmschauplätze wie der TechNoir-Nachtclub, die Straßen der Innenstadtvon LA und die Fabrik am Ende werden alleoriginalgetreu nachgebildet. Zweimal mussder Terminator abgewehrt werden, der trotzDauerbeschuss nicht liegen bleiben will.Das Spiel von 1992 schafft eshalbwegs, die Stimmung desFilms von 1984 einzufangen.Technisch ließ sich Probe einiges einfallen, auch mit Unterstützung von Nick Bruty. Um die Animationen zu erstellen, wurden David und derSpieleproduzent Neil Young gefilmt, wäh-» [Mega Drive] Ist man zu langsam, greifenGegner von überall her an.» [Mega Drive] Man kann den Terminatornicht töten, nur durch Beschuss betäuben.»  MIT MEHR SPEICHER HÄTTEN WIR VIELMEHR ERREICHEN KÖNNEN.« DAVID PER

spielerischer Film als ein reines Spiel, aber diese Art von Programm kommt für meinen Geschmack fünf Jahre zu früh." Und ich hatte (leider) recht, denn heute zeigt sich, dass Loom sei - ner Zeit zu weit voraus war. 32 Jahre nach dem Original-Release hatte ich, das gebe ich gerne zu, mit dem Spiel meinen Spaß und konnte